Veröffentlicht inThüringen

Pure Ostalgie: Zum Gedenken an den Vater der DDR-Ampelmännchen

Pure Ostalgie: Zum Gedenken an den Vater der DDR-Ampelmännchen

Der Erfinder des Ampelmännchens, Karl Peglau, hält am 10.05.2007 in Berlin ein rotes und ein grünes Ampelmännchen in seinen Händen. dpa.jpg
Der Erfinder des Ampelmännchens, Karl Peglau, hält am 10.05.2007 in Berlin ein rotes und ein grünes Ampelmännchen in seinen Händen Foto: Stephanie Pilick/dpa

Rot und seitlich ausgestreckte Arme: stehenbleiben. Grün und großer Schritt: freie Bahn für Fußgänger. Die etwas molligen Ost-Ampelmännchen haben Fans in aller Welt, was ihr Erfinder wohl nie für möglich gehalten hätte.

Für Touristen sind sie ein unverzichtbares Foto-Motiv und Berlin-Wahrzeichen: die Ost-Ampelmännchen, deren Erfinder Karl Peglau an diesem Donnerstag 90 Jahre alt geworden wäre. Dabei waren die roten und grünen Männchen für Peglau selbst zunächst nicht mehr als ein „Nebenprodukt“, die spätere Bekanntheit kam völlig unerwartet, wie der in Bad Muskau geborene Verkehrspsychologe einmal in einem Interview sagte.

Von der Berliner Friedrichsstraße in die gesamte DDR

Peglau, der 2009 im Alter von 82 Jahren starb, arbeitete beim Medizinischen Dienst des DDR-Verkehrswesens. Dort beschäftigte er sich etwa mit der Tauglichkeit von Verkehrsteilnehmern. Wegen der damals zahlreichen Verkehrsunfälle entwarf er die heutigen Kultfiguren im Oktober 1961 – eigens als Signal für Fußgänger. Acht Jahre später, 1969, regelten die Männchen erstmals den Verkehr in der zentralen Berliner Friedrichstraße. In den kommenden Jahren erklommen seine „echten Berliner Jören“, wie er die Figuren rückblickend nannte, alle DDR-Ampeln.

Ein gemütlicher Moppel-Mann

Beim Entwerfen half Peglaus Sekretärin mit. Freundlich, gemütlich, knubbelig – in Peglaus Augen ist es vor allem die „gemütliche Dicklichkeit“ der Ampelmänner, die sie so beliebt gemacht haben. Die Figuren aus dem Westen sind im Vergleich dazu schmal und kantig.

Was hinter dem Design steckt:

Und dann sind da noch die Details, die Peglaus Männchen einzigartig machen: Sie tragen etwa einen Hut – auch wenn sich der Erfinder darüber zunächst den Kopf zerbrach. Denn der Hut galt in der DDR als kapitalistisches Symbol. Erst als Peglau im Fernsehen Erich Honecker mit Strohhut sah, war der Weg frei. So berichtet es die Ampelmann GmbH, die heute mehrere Hundert verschiedene Ampelmann-Produkte verkauft.

Auch dass das Grün-Männchen auf den Ampeln nach links läuft, sei kein Zufall. Einst habe Peglau einen Schritt nach rechts vorgesehen, doch das hätte nicht der Ideologie entsprochen. Auf den Souvenirs mit Ampelmann-Logo läuft der Mann dennoch nach rechts: weil es die grafisch elegantere und dynamischere Richtung sei, erklärt das Unternehmen des Produktdesigners Markus Heckhausen.

Er erkannte den Charme der Figuren in der Nachwendezeit, als die alten Ampeln eigentlich aus dem Stadtbild verschwinden sollten. Auch viele andere Bürger sahen die drohende Entsorgung kritisch, die Männchen wurden so Symbol der „Nach-Wende-Abwicklungsmentalität“, wie Peglau sagte. Schließlich wurden Politiker aufmerksam und die Ost-Männchen gerettet. Später überließ Peglau dem Designer die Nutzungsrechte.

Erfurts extravagante Ampelmänner

Heute leuchten die Ampelmänner nach Schätzungen auf zwei Dritteln der Berliner Ampeln – auch im ehemaligen Westteil der Stadt. In Erfurt kamen städtische Angestelle 1980 bereits auf die Idee, die einheitlichen Ampelmännchen abzuwandeln. Insgesamt 14 verschiedene Versionen findet der aufmerksame Fußgänger in der Landeshauptstadt, wie etwa den Wandersmann mit Rucksack und Wanderstock, das Ampelmännchen mit Regenschirm oder ein Ampelmännchen als Schulanfänger mit Zuckertüte. Diese überstanden sowohl die Einführung des bundesdeutschen Ampelmännchens nach der Wiedervereinigung als auch die Bestrebungen, ein EU-weit einheitliches Ampelmännchen zu etablieren.

Bildergalerie: Von Regenschirm bis DDR-Männchen – besondere Motive in Erfurt

Forscher haben sogar nachgewiesen, dass Peglaus leicht mollige Männchen wegen ihrer größeren Leuchtfläche besser erkannt werden als die West-Konkurrenz.