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Weimarer Menschenrechtspreis für inhaftierte Iranerin

Weimarer Menschenrechtspreis für inhaftierte Iranerin

Weimarer Menschenrechtspreises
Taghi Rahmani nahm den Weimarer Menschenrechtspreises stellvertretend für seine Frau Narges Mohammadi, die im Iran inhaftiert ist, entgegen Foto: dpa
  • Weimarer Menschenrechtspreis 2016 für die Iranerin Narges Mohammadi
  • Einsatz gegen die Todesstrafe und für Meinungsfreiheit
  • Frauenrechtlerin und Menschenrechtsaktivistin ist in Teheran inhaftiert
  • 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte.

Der Weimarer Menschenrechtspreis geht in diesem Jahr an die Iranerin Narges Mohammadi. Die Stadt würdige mit der Auszeichnung den Einsatz der Frauenrechtlerin und Menschenrechtsaktivistin gegen die Todesstrafe und für Meinungsfreiheit, sagte Oberbürgermeister Stefan Wolf (SPD) am Samstag. Die Journalistin und Mutter zweier Kinder sitzt bereits zum wiederholten Male im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran und wurde vor kurzem zu 16 Jahren verurteilt.

Bildergalerie: Verleihung des Weimarer Menschenrechtspreis

ZDF-Nachrichtensprecherin Gundula Gause ist Schirmherrin

Mohammadi war Sprecherin der inzwischen verbotenen Menschenrechtsorganisation „Defenders of Human Rights Center“ und engagierte sich in der Kampagne „Step by Step to Stop Death Penalty“. „Es ist traurig, dass im Jahr 2016 immer noch aufgrund der Scharia geurteilt wird und Todesstrafen verhängt werden“, sagte ZDF-Nachrichtensprecherin Gundula Gause, Schirmherrin des Preises. „Frauen werden durch die Scharia systematisch benachteiligt, ihre Aussagen beispielsweise gelten vor Gericht weniger.“

Ehemann nimmt Menschenrechtspreis entgegen

Der Ehemann der Preisträgerin, Taghi Rahmani, sieht in der Verhaftung eine Rache für die politischen Aktivitäten seiner Frau. „Narges war es immer sehr wichtig, dass Menschenrechtsorganisationen im Iran die Freiheit zu politischer Aktivität bekommen.“ Unterstützungen wie dieser Preis seien zwar sehr lobenswert, reichen aber nicht aus und müssten erweitert werden, sagte er Rahmani bei der Preisverleihung. „Im Iran entwickelt sich nun eine Zivilgesellschaft, und das Regime muss sich an seine eigenen Regeln halten!“ Rahmani lebt mit den beiden gemeinsamen Kindern im Pariser Exil, auch er saß vor einigen Jahren wegen politischer Aktivitäten im Gefängnis. Er nahm den Preis stellvertretend für seine inhaftierte Frau am Samstagabend entgegen.

Brief aus dem Gefängnis

Mohammadi selbst schrieb anlässlich der Preisverleihung einen kurzen Brief aus dem Gefängnis. „In solch einer Situation in meinem Land, bevorzuge ich, eine friedliche Bürgerin, Sozialaktivistin und Menschenrechtlerin im Gefängnis zu sein als eine gleichgültige und passive Bürgerin, die angeblich frei ist“, hieß es in dem Brief. Sie bedankte sich außerdem herzlich für den Preis und die Aufmerksamkeit.

Vorschlag von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte

Vorgeschlagen wurde Mohammadi von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), die sich unter anderem weltweit für die Freilassung verschiedener Menschenrechtsaktivisten einsetzt. „Der Preis kommt genau zur rechten Zeit, denn der Iran versucht gerade, sich zu öffnen und wirtschaftliche Kooperationen aufzubauen“, sagte Martin Lessenthin von der IGFM. So könne international Druck auf das Regime aufgebaut werden.

Nach Menschenrechtspreis Haftstrafe verlängert

Auch Maede Soltani freut sich über die Preisverleihung. Ihr Vater, Abdolfattah Soltani, ist ebenfalls iranischer Menschenrechtsaktivist und ebenfalls im Evin-Gefängnis inhaftiert. Nachdem Soltani 2009 den Nürnberger Menschenrechtspreises bekam, wurde seine Haftstrafe noch einmal verlängert. Maede Soltani erinnert trotzdem an die Bedeutung solcher Preise: „Das Vergessen gefährdet politisch Inhaftierte mehr als Preise!“ Politische Gefangene bekämen im Iran eine sehr viel schlechtere Behandlung als andere Inhaftierte, so Soltani. Nicht nur medizinische Behandlung, sondern auch das gesetzlich zustehende Besuchsrecht wird den Aktivisten in Haft verweigert. Auch Mohammadis Gesundheitszustand hat sich im Gefängnis nach einem unzureichend behandelten Schlaganfall rapide verschlechtert. Kontakt zu ihren beiden Kindern erreichte sie erst nach einem 20-tägigen Hungerstreik, ihren Mann darf sie nach wie vor nicht sprechen.

Menschenrechte im Iran

Narges sei eine „mutige uns selbstbewusste Frau“, die „Unterdrückung nicht einfach stillschweigend erträgt“ und die sich „gegen Menschenrechtsverletzungen wehrt“, sagte Staatsminister Michael Roth bei der Preisverleihung. Und obwohl der Iran sich öffne, habe sich die Situation der Menschenrechte im Land nicht verbessert. Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen zähle der Iran zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Medienschaffenden und rangiere bei der Pressefreiheit auf Platz 169 von 180, so Roth.765 Todesurteile seien im vergangenen Jahr im Iran vollstreckt wurden, nur China hatte mehr aufzuweisen.

Petitionen für Narges Mohammadi

Die Bürger Weimars könnten die zweifache Mutter durch ihre Unterschrift unterstützen, teilte die Stadtverwaltung mit. Im Rathaus würden Petitionen zur Unterschrift ausgelegt, auch Texte zur Verbreitung in sozialen Netzwerken gebe es.

Weimar vergibt Menschenrechtspreis seit 1995

Den Menschenrechtspreis vergibt die Klassikerstadt Weimar seit 1995 jährlich. Er ist Menschen gewidmet, die sich für die Ächtung von Völkermorden, die Abschaffung der Todesstrafe, für die Rechte von Kriegs- und Gewaltopfern oder eine Minimierung von Waffen- und Rüstungsexporten einsetzen. Mit dem Preis solle einer verletzten Würde Respekt ausgesprochen, verhafteten Menschen in ihrer Notlage geholfen und vor allem versteckte, also inhaftierte Aktivisten wieder sichtbar gemacht werden, so Henrich Herbst, Superintendent des Preises. 2015 war er der Ordensschwester Stella Matutina für ihren Einsatz zum Schutz der indigenen Bevölkerung auf der philippinischen Insel Mindanao verliehen worden.