Im Leben eines Schülers sind Lehrer oft zentrale Vertrauenspositionen. Sie können Horizonte erweitern, neue Perspektiven aufzeigen und die Kinder und Jugendlichen auch manches kritisch hinterfragen lassen. Bei uns in Thüringen geben etliche Lehrkräfte alles, um ihren Schützlingen eine solide Basis mit auf den Weg zu geben. Hinter den Kulissen bröckelt derzeit aber so einiges.
Ein Thüringer Lehrer, der nach eigenen Angaben auf einer „Dorfschule“ unterrichtet, berichtet von erschreckenden Vorkommnissen. In sozialen Medien versucht er über seinen Alltag aufzuklären – und erzählt mitunter von gruseligen Auseinandersetzung mit manchen Eltern und Schülern. Im Thüringen24-Gespräch verrät Tristan Härter, warum er trotzdem den Kopf nicht in den Sand steckt.
Thüringen: Lehrer wird zum TikTok-Phänomen
„Im Prinzip ist es ja so, dass ich meinen Lehrauftrag sehr ernst nehme“, sagt der Lehrer, der an einer Schule in Gräfenroda unterrichtet. Für ihn geht es demnach darum, seine Schützlinge zu „selbstdenkenden und auch kritischen jungen Erwachsenen“ zu erziehen. Dabei werden in vielen Gesprächen auch Themen aus dem direkten Umfeld der Schüler aufgegriffen.
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Er unterrichtet an einer Dorfschule am Rande des Thüringer Waldes, „wo halt sehr viele Eltern, ich sage jetzt mal, ganz klare antidemokratische und verfassungsfeindliche Haltungen schon in die jungen Köpfe pflanzen“, so Härter. „Am Rande“ würde das auch in seinem Deutsch-Unterricht thematisiert, „wo ich dann zum Beispiel probiere, den Schülerinnen und Schülern zu zeigen, wie sie es schaffen, bestimmte Meinungen zu formulieren“. Gleichzeitig will er die Kinder und Jugendlichen auch dazu ermutigen, hinter die Kulissen zu schauen und zu hinterfragen, „wie Meinungen gebildet werden“.
Thüringer Leherer will „Haltung zeigen“
„Und da ist es halt leider so, dass viele Kinder ihre News und ihre Meinungen von TikTok holen – und wir alle wissen, welche Partei da vor allem eine Plattform sich selbst nimmt“, so der Deutsch- und Erkunde-Lehrer. „Genau hier versuche ich durch mein Auftreten im Internet so ein bisschen dagegen zu spielen.“
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Mit dem Beginn der Corona-Pandemie hat sich der Ton mancher Eltern aus Sicht von Härter deutlich verschärft. „Das heißt also wirklich auch, wo wir als Lehrer dargestellt wurden als die ‚Kriminellen‘, die das, was der Staat möchte, durchsetzen“, erzählt Härter. Seitdem habe er sich auch ganz klar zu solchen Themen in der Schule geäußert. „Aber eben auch nur, wenn Schüler mich wirklich nach meiner Meinung Fragen“, so der Lehrer. „Dann ist es halt so, dass ich auch Haltung zeige. Das ist ganz, ganz wichtig für mich. Weil wir auch als Lehrerinnen und Lehrer dazu verpflichtet sind, die Demokratie zu verteidigen.“
„Dass Eltern mich als Gefahr sehen“
An seiner Schule kommt es nach seiner Darstellung durchaus vor, dass Schüler Kleidung mit verfassungsfeindlichen Inhalten tragen. „Dann spricht man das natürlich an“, so Härter, „nicht um die Schüler bloß zu stellen, sondern um zu zeigen: ‚Hey, passt auf! Ihr wisst vielleicht nicht, was ihr da tragt, aber das bedeutet das.‘“
In seinen Gesprächen mit Schülern geht es dann auch mal um Themen wie Transsexualität und alternative Ernährungsweisen. Auch dass er selbst Veganer ist wird da mal zum Gesprächsthema. „Das sind alles so Kleinigkeiten, die dazu geführt haben, dass Eltern mich als Gefahr sehen“, so Härter. „Da gab es dann so Nachrichten von Eltern wie zum Beispiel: Man hat Angst, dass ich ihren Sohn schwul mache. Dass ihr Kind auf einmal vegan leben will oder dass ich Parteifreund der Linken wäre und würde sie zu Linksextremisten erziehen.“
Thüringer Lehrer mit Mordandrohungen konfrontiert
So richtig erklären kann sich Härter das nicht – zumal er selbst ja Deutsch- und Geographielehrer ist und solche Themen in seinem Unterricht – wenn überhaupt – nur ganz am Rande zur Sprache kommen. Allerdings bekam er durch seinen TikTok- und Instagram-Kanal eine neue Aufmerksamkeit, „und das hat dazu geführt, dass ich ganz oft Drohmails bekomme, Drohnachrichten bekomme und jetzt ist das Fass so ein bisschen übergelaufen“.
Auf Instagram sollen Väter von Schülerinnen ihm geschrieben haben, dass sie ihm wünschen, dass Härter „abgestochen“ werde. „Dass ich nicht mehr da bin“, so der Deutsch-Lehrer. „Also auch Mordandrohungen, wo dann Leute versucht haben, meine Privatadresse herauszufinden. Da wird extrem Druck ausgeübt, obwohl man halt gar nichts macht, was irgendwie schädlich ist, sondern man kommt nur seiner Arbeit nach.“
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Er beobachtet diese Entwicklung mit großer Sorge. „In der Schule gibt es eine riesige Angst davor, sich öffentlich zu äußern“, sagt Herten. „Entsprechende Kräfte“ spielen aus Härtens Sicht dabei eine Rolle, aber nicht nur diese. Auch die Behörden grätschen manchmal dazwischen: „Man will ja auch Ruhe bewahren in den Schulen. Das ist ein ganz großes Thema, dass so eine Angst vorherrscht, zu sagen, was wirklich los ist. Und es ist wirklich viel los. Viel schlechtes.“