Es ist ein mehr als trauriger Abschied in einer Region, die in den letzten Jahren immer mehr von der derzeitigen wirtschaftlichen Rahmensituation gebeutelt wurde. Ein Thüringer Werk steht vor dem endgültigen Aus – und mehr als 200 Mitarbeiter blicken einer mehr als ungewissen Zukunft entgegen.
Seit Mai 2024 befindet sich der zugehörige Konzern in der Insolvenz. Zwischenzeitlich konnte zwar ein Investor gefunden werden – der plant aber die Produktion aus dem Thüringer Werk an einen anderen Standort zu verlegen. Viele der verbleibenden Mitarbeiter bringt das in eine fast ausweglose Lage. Im Thüringen24-Gespräch erklärt Falk Bindheim von der IG Metall, warum sich die Gewerkschaft um sie Sorgen macht.
Thüringer Werk wird geschlossen
Das Dagro-Eissmann Werk in Gera steht kurz vor der Schließung. Fast ein Jahr lang hat der zuständige Insolvenzverwalter erfolglos nach einem Investor für die darüberstehende Eissmann-Gruppe gesucht. „Jetzt gibt es wohl einen Investor, der sagt, ich würde den Konzern übernehmen, aber ohne das Werk Gera“, sagt Bindheim. „Es gibt noch einen Standort in Pirna, die mit Spritzgusstechnik auch Produkte für den Automobilzulieferer-Markt herstellt und die Zentrale in Bad Urach in Baden-Württemberg.“ Diese würde der Interessent noch übernehmen.
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Das ist natürlich kein Trostpflaster für die 200 bis 240 Mitarbeiter, die derzeit noch in Gera beschäftigt sind. Ihre Perspektiven auf dem Job-Markt sind mit dem Werks-Aus nämlich dünn. Sie sind top ausgebildet, arbeiten aber auch in einem hoch spezialisierten Feld. Im Dagro-Eissmann-Werk wird fast alles noch in Handarbeit gefertigt. Hier laufen luxuriöse Lederausstattungen für Porsche, Bentley und andere Automarken vom Band, die weder einen Roboter-Arm noch eine CNC-Maschine gesehen haben.
„Viel Unmut“ in der Belegschaft
Alles das soll zukünftig nicht mehr in Gera, sondern in Ost-Europa produziert werden. Die Expertise geben die Thüringer Mitarbeiter dabei weiter – und haben mitunter schon die dortigen Kollegen angelernt. Es ist eine mehr als unbequeme Situation für die Beschäftigten, die jetzt quasi für ihre eigene Ablösung sorgen müssen.
„In so einem Verhandlungsmodus hat man keine Chance mehr, das Werk wieder hereinzubekommen“, erklärt Bindheim. „Der Insolvenzverwalter ist der entscheidende Mann, die entscheidende Frau und wir können nichts weiter tun, als die Werksschließung zu begleiten.“
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Dass in Gera jetzt auch die neuen Mitarbeiter eingearbeitet werden sollen, sorgt dabei in der Belegschaft „für viel Unmut“, so der Gewerkschafter weiter. „Auch weil sie die letzten Jahre immer wieder Beschäftigte aus den Werken in Ungarn und der Slowakei anlernen mussten, die dann Produkte verlagert haben.“ Nach und nach sah das Thüringer Werk seine Expertise in Richtung Ost-Europa verschwinden. Ende Juli ist nun endgültig Schluss.
Thüringer Mitarbeiter vor ungewisser Zukunft
Immerhin steht derzeit noch im Raum, dass das Anlern-Angebot für die Thüringer Mitarbeiter noch extra honoriert werden könnte. „Jede Minute, jeder Tag, den die Leute länger im Betrieb bleiben und sich nicht woanders bewerben, schmälert ja auch ihre Chancen auf dem regionalen Arbeitsmarkt“, so Bindheim. „Und so gut stehen die Zeichen jetzt auch nicht mehr wie vor zwei oder drei Jahren.“
Ob sie dort Anschluss finden, muss sich erst noch zeigen. „Da wird noch viel passieren“, so der Gewerkschafter. „Da wird es auch ein Angebot von einer Transfergesellschaft geben. Einige suchen auch schon und werden auch unterkommen.“
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Allerdings handle es sich auch um einen Betrieb mit einem verhältnismäßig hohen Altersdurchschnitt. „Da sind halt viele noch gelernte Näher und Näherinnen aus DDR-Zeiten, die die letzten 20 bis 25 Jahre im Werk gearbeitet haben – und um die machen wir uns wirklich Sorgen.“