Im Wahlkampf vor der Thüringer Landtagswahl 2024 war der Wolf mal wieder ein riesiges Thema – nach der jetzt bestätigten illegalen Tötung eines Tieres kocht das Thema erneut hoch. Zwischen Umweltverbänden und Tierschützern auf der einen und der Landesregierung auf der anderen Seite fliegen mitunter die Fetzen. Die Vorwürfe wiegen schwer. Die Gräben zwischen den Parteien werden immer tiefer.
Im Thüringen24-Gespräch haut Wolfsexperte Silvester Tamás vom NABU- Thüringen jetzt auf den Tisch – und richtet deutliche Kritik an die Thüringer Landesregierung. Vor allem ein Mann sei aus seiner Sicht komplett fehl am Platz: Umweltminister Tilo Kummer (BSW).
Thüringen: Wolfsexperte wird deutlich
Viele Wölfte gibt es nicht in Thüringen – Experten schätzen die Anzahl auf etwa 20 – dennoch lösen die Raubtiere bei uns im Freistaat immer wieder heftige Diskussionen aus. Es geht um Sicherheit, Herdenschutz und immer wieder um die Frage: Brauchen wir den Wolf überhaupt für ein funktionierendes Öko-System?
Der NABU-Thüringen macht um seine Haltung in diesem Zusammenhang keinen Hehl. Für den Naturverband ist es ein ausgesprochener Glücksfall, dass sich der Wolf in unseren Wäldern wieder wohlzufühlen scheint. Die Tiere richten bei Nutztieren auch mal Schaden an, klar. Im Vergleich zu anderen Todesursachen bei Weidetieren ist dieser laut NABU-Recherchen aber verschwindend gering (HIER bekommst du mehr Infos).
„Dann machen die so ein Thema“
Aus Sicht der Naturschützer lassen sich Rissschäden mit dem richtigen Weidenschutz fast vollständig vermeiden. „Ich habe mir Weiden angeguckt von betroffenen Schäfern, die haben zuerst den MDR angerufen. Das ist das Erste, was sie gemacht haben“, erinnert sich Tamás. „Oder bei der Zeitung irgendwo. Und dann komme ich eine Stunde, dreiviertel Stunde später mal hin und guck mir das an und sehe: Junge, da stehen zum Beispiel Holzlattenstapel vor dem Zaun, da können alle Tiere drüber springen. Völlig bescheuert und dann machen die so ein Thema“, macht der Tierschützer seinem Ärger Luft.
Er vermutet dabei auch ein gewisses Kalkül. „Dahinter stehen in der Regel eben sehr jagdlich interessierte Kreise“, meint Tamás. Solche würden dann Wind machen, welcher dann im politischen Erfurt die Diskussion antreibt. „Das BSW steht da ganz weit vorne“, meint Tamás. „Und die führen keine sachlichen Argumente mehr vor. Nirgendwo, auch Herr Tilo Kummer nicht, das muss man klar sagen.“
„Er hat sogar behauptet, dass wir keinen Strom auf die Zäune kriegen würden und deswegen der Wolfsschutz nicht möglich sei. Völliger Schwachsinn, weil es gibt Weidezaunnetz-Geräte, Tornado-Zaun etc. Da kriegen sie heute 150 Kilometer Zäune ganz normal mit Standardstrom. Das heißt, hier wird schon mit Unwahrheiten gearbeitet und damit will man versuchen, Politik zu machen als Umweltminister. Das funktioniert so nicht. Der ist ja völlig fehl am Platz, das geht so nicht.“
Silvester Tamás, NABU-Thüringen
„Ein Klima der Verunsicherung“
Der NABU-Thüringen würde sich dem klar entgegenstellen. „Wir sehen, wohin das führt. Wir haben zwei Luchse verloren, illegal abgeschossen. Das schafft ein Klima der Verunsicherung, der Befürwortung, vielleicht auch der stillen Zustimmung“, so der Wolf-Experte. „Dann passieren solche Sachen mit Wölfen natürlich auch.“
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Selbstverständlich – und das betont Tamás ganz deutlich – ist der BSW-Umweltminister nicht dafür verantwortlich, wenn Tiere illegal in Thüringen geschossen werden. Aus der Sicht des NABU-Thüringen ist die illegale Bejagung des Wolfes aber deutschlandweit kein Einzelfall mehr. „Das weiß ich nicht, ob sich das eine Gesellschaft gefallen lassen muss“, findet er. „Das ist ja auch verboten. Und deswegen haben wir auch Strafanzeige gestellt.“