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Blaue Säulen sind keine Blitzer – können aber trotzdem teuer werden

Blaue Säulen sind keine Blitzer – können aber trotzdem teuer werden

Mautsäule an einer Bundesstraße
Seit 2017 werden im gesamten Bundesgebiet an dem Netz von etwa 40.000 Kilometern Bundesstraßen rund 600, zirka vier Meter hohe blaue Säulen, sogenannte Mautkontrollsäulen, errichtet. In Thüringen werden 37 Mautkontrollsäulen verteilt auf etwa 1.500 Kilometer Bundesstraßen zum 1. Juli 2018 in Betrieb gehen. Foto: dpa
  • Am 1. Juli startet die Mautpflicht auf Bundesstraßen in Thüringen
  • Alle Bedingungen im Überblick
  • Wer muss zahlen? Wie werden Daten erhoben? Was muss ich beachten?

Nein, es sind keine Blitzer, die seit Monaten peu à peu in Thüringen aufgebaut werden. Die blauen Säulen, die an den Bundesstraßen im Freistaat aus dem Boden schießen, sehen zwar so aus, doch es sind eigentlich Mautstationen. Ab dem 1. Juli werden insgesamt 37 der Messinstrumente in Thüringen in Betrieb gehen – und vielen ist gar nicht bewusst, welche Daten genau von den blauen Ungetümen erhoben werden.

Ab 1. Juli muss auf Bundesstraßen Maut entrichtet werden

Wir haben bei Antje Hellmann, Sprecherin des Thüringer Infrastrukturministerium, und bei der Firma Toll Collect, die für die Säulen zuständig ist, nachgefragt und ein paar grundlegende Fragen zur Maut geklärt:

Wer ist eigentlich von der Maut auf den Bundesstraßen betroffen?

Alle Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen,

  • 1. die für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder verwendet werden und
  • 2. deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 7,5 Tonnen beträgt.

Gilt die Maut für private Fahrten ebenso wie für gewerbliche?

Die Maut ist für alle Fahrzeuge zu entrichten, sofern sie mautpflichtig sind. Der Zweck der Fahrt ist egal.

Ist auch die Kreiswirtschaft betroffen?

Ja.

Wer ist von der Maut befreit?

Mautbefreiungen sind in § 1 Abs. 2 im Gesetz über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen (BFStrMG) geregelt. Danach ist die Maut nach Absatz 1 nicht zu entrichten bei Verwendung der folgenden Fahrzeuge:

  • 1. Kraftomnibussen,
  • 2. Fahrzeuge der Streitkräfte, der Polizeibehörden, des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Feuerwehr und anderer Notdienste sowie Fahrzeuge des Bundes,
  • 3. Fahrzeuge, die ausschließlich für den Straßenunterhaltungs- und Straßenbetriebsdienst einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst genutzt werden,
  • 4. Fahrzeuge, die ausschließlich für Zwecke des Schausteller- und Zirkusgewerbes eingesetzt werden,
  • 5. Fahrzeuge, die von gemeinnützigen oder mildtätigen Organisationen für den Transport von humanitären Hilfsgütern, die zur Linderung einer Notlage dienen, eingesetzt werden,
  • 6. landwirtschaftliche Fahrzeuge im geschäftsmäßigen Güterverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 Stundenkilometern.

Voraussetzung für die Mautbefreiung ist, dass die Fahrzeuge als für die dort genannten Zwecke bestimmt erkennbar sind. Im Fall von Fahrzeuge mit Anhängern ist das Motorfahrzeug für die Mautbefreiung der Kombination maßgebend.

Sind auch Traktoren betroffen?

Traktoren mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h sind mautbefreit.

Gibt es Regelungen für das Handwerk?

Nein. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass ab 1. Juli weitere rund 30.000 Unternehmen unter die Mautpflicht fallen. Neben Logistikunternehmen, die im Nahverkehr unterwegs sind, sollten sich auch Unternehmen aus anderen Branchen frühzeitig informieren, ob ihre Fahrzeuge unter die Mautpflicht fallen, und entscheiden, wie sie zukünftig Maut bezahlen wollen.

Wie ist das, wenn ich ein Mietauto für einen Umzug habe?

Wenn das Fahrzeug mautpflichtig ist, sollte dies im Mietvertrag geregelt sein. Es ist ab einem Gewicht von 7,5 Tonnen mautpflichtig.

Wo werden überall Mautsäulen in Thüringen stehen?

Toll Collect stimmt als bisheriger Eigentümer der Mautsäulen einer Veröffentlichung nicht zu. „Und es wäre aus unserer Sicht auch nicht zielführend, wenn die Säulen bewusst umfahren werden, das heißt Ausweichverkehr provoziert wird“, so Antje Hellmann.

Was ermitteln die blauen Säulen?

Die blauen Säulen sind Kontrollsäulen, die ab dem 1. Juli die Einhaltung der Mautpflicht auf allen Bundesstraßen überprüfen. Bei Toll Collect heißt es hierzu: „Passiert ein Fahrzeug eine Kontrollsäule, werden ein Übersichts-, ein Seitenansichts- und ein Kennzeichenbild erstellt. Die Säule vergleicht die Daten mit den Daten aus dem Toll Collect-Rechenzentrum und erkennt, ob eine gültige Einbuchung vorliegt und ob alle Angaben korrekt gemacht wurden. Liegt eine korrekte Einbuchung vor, werden die Bilder sofort gelöscht.“

Wie wird die Maut erhoben?

Toll Collect bietet unterschiedliche Möglichkeiten für die Mauterhebung an. Zum einen kann eine On-Board Unit in den Lkw eingebaut werden, die dann automatisch die Maut erhebt. Eingebaut werden die Units in zertifizierten Servicepartner-Werkstätten. Das Gerät wird kostenfrei zur Verfügung gestellt, der Einbau ist vom Unternehmer zu tragen.

Zum anderen besteht die Möglichkeit, die Maut im manuellen Verfahren zu bezahlen. Dafür steht neben der Einbuchung im Internet unter www.toll-collect.de beim Unterpunkt „Strecke buchen“ auch die Toll Collect-App für Smartphones und Tablets zur Verfügung. Außerdem ist die Einbuchung am Mautstellen-Terminal möglich. Auf der Toll Collect-Website unter „Mautstelle finden“ könnt ihr euch die Standorte der Terminals in der Nähe anzeigen lassen, sowohl die neuen als auch die alten Terminals. In einer Übergangsphase bis Ende Mai 2018 wird es beide Varianten geben. Danach werden 1100 Terminals an großen Tankstellen, Autohöfen und Autobahnraststätten zur Verfügung stehen.