Der ein oder andere hat sich sicherlich schon über diesen Anblick geärgert: Ein achtlos weggeworfener Kaffee-Becher, Einweg-Besteck, das am Wegesrand liegt, oder andere Einwegverpackungen, die sich in öffentlichen Mülleimern und daneben stapeln – die Verpackungen, die viele Kunden to-go mit sich nehmen, sorgen schlicht und ergreifend für Müll.
Ein Grund, weshalb es in Tübingen die Verpackungssteuer gibt. Heißt: Für Einweg-Verpackungen und -Geschirr zahlen Kunden dort mehr. Das Ziel: Weniger Müll in der Stadt, mehr Umweltschutz. Nun wurde der Weg dafür freigemacht, dass auch andere Städte kommunal entscheiden und eine Verpackungssteuer einführen können. Und in Erfurt werden erste Stimmen laut, die genau das fordern.
Erfurt: Diskussion über Verpackungssteuer entfacht
Gleich mehrere Stadtratsfraktionen machen sich für eine solche Steuer stark. Die SPD, die Grünen und die Fraktion Mehrwertstadt beispielsweise haben zusammen einen Prüfantrag gestellt, über den im Juni im Stadtrat abgestimmt werden soll. Auch die Linken sprechen sich für die Steuer aus, wollen aber auf die vorherige Prüfung verzichten. Das Ziel aller Fraktionen: „Weniger Vermüllung in unserem schönen Erfurt – das ist das Ziel der Verpackungssteuer“, erklärt Jasper Robeck von den Grünen und ergänzt: „Wir wollen damit das Müllproblem schon an seiner Wurzel packen und Müll schon in seiner Entstehung verhindern.“ Bedeutet also, weniger Plastikbecher und Einwegverpackungen, die seiner Auffassung nach für zu viel Stadtmüll sorgen – und dafür mehr Schutz für die Umwelt.
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Die Hoffnung: Betriebe würden vermehrt auf Mehrwegverpackungen setzen – und Kunden auf eben jene zurückgreifen. Das wiederum würde den Müll reduzieren. Dabei betonen die Fraktionen, dass die Stadt die Unternehmen unterstützen wolle. So seien beispielsweise kleinere Gastrobetriebe in der Einführungsphase erst einmal nicht mit einbezogen, heißt es in einer Mitteilung der Grünen. Das Geld, das die Stadt zusätzlich durch die Verpackungssteuer einnehmen könnte, solle in der Vorstellung von SPD, Grünen und Mehrwerstadt auch keineswegs ein Lückenfüller für die Löcher im Haushalt sein. Im Gegenteil: Es solle den Erfurtern zugute kommen. Beispielsweise durch Kostenentlastung beim Kitaessen.
Gewerkschaft wegen Verpackungssteuer skeptisch
Das klingt alles schön und gut. Die Gewerkschaft „Nahrung – Genuss – Gaststätten“ (NGG) guckt da etwas skeptischer drauf. Ein Problem, das die Gewerkschaft sieht, ist die kommunale Entscheidung. Denn: Die Sorge, dass es dann zu regionalen Wettbewerbsnachteilen kommen könnte, sei da, „ohne, dass das große Umweltproblem der Verpackungen gelöst wird“, erklärt ein Sprecher gegenüber Thüringen24. Sollte eine kommunale Verpackungssteuer eingeführt werden, so würde das einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand für Betriebe bedeuten. Dabei fange es schon bei der Frage an, welche Verpackungsarten überhaupt besteuert werden sollen, ob es Ausnahmen geben soll – und wenn ja wo? Fragen, die geklärt werden müssten.
So oder so ist die NGG sich aber sicher, dass die Gastronomie gezwungen sein würde, die „Kosten an die Kunden weiterzugeben“, heißt es. Ob eine solche Steuer die Kunden dann abschrecken könnte? „Eine Lenkungswirkung wäre möglich, wenn es alternativen zu Einwegverpackungen gibt und diese attraktiv handhabbar sind. Ansonsten könnte es für das „Croissant und den Kaffee to go“ sicherlich Probleme geben, da dies in der Regel preissensible Produkte sind“, mahnt der Sprecher der NGG.
Dehoga spricht von „bürokratischem Monster“
Kritisch schaut auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Thüringen auf die Überlegungen. Dirk Ellinger spricht in diesem Zusammenhang von einem neuen „bürokratischen Monster“, das auf die Betriebe losgelassen werden könnte. Denn eine solche Steuer würde für eben jene einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. „Sicherlich kann ich auf der einen Seite verstehen, dass dem Müll Einhalt geboten werden muss. Ob die Verpackungssteuer das geeignete Mittel ist? Da dürfen Zweifel angemeldet sein“, betont er gegenüber Thüringen24. „Am Ende führt es dazu, dass eine weitere Verteuerung der Produkte stattfindet“, macht er weiter deutlich. Und das wiederum sei ein weiterer Wettbewerbsnachteil für die Gastronomie.
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Könnte DAS eine Alternative sein?
Doch welche Alternative gebe es um den Einwegmüll wirksam zu reduzieren – fernab einer solchen Steuer? „Mehr Möglichkeiten, Müll sicher zu entsorgen sind ratsam. Zentrale Rückgabestellen und die Schaffung von Reinigungsstrukturen für Mehrweggeschirr wären sinnvoll. Ebenso die Beschriftung der Einwegverpackungen und Hinweise direkt beim Verkauf auf umweltbewusstes Handeln“, betont ein Sprecher der Gewerkschaft.
Für was sich Erfurt schlussendlich entscheidet? Das bleibt abzuwarten. Fakt ist aber: Die Diskussion läuft – und Argumente gibt es auf beiden Seiten.