Es ist noch nicht lange her, da sind vermeintliche Diebe in den Erfurter Zoo eingebrochen und haben den Souvenirmünzen-Automaten aus dem Park gestohlen (wir berichteten). Überraschenderweise hat der Betreiber damals aber nicht sofort Anzeige erstattet – stattdessen wurde in einer Erfurter Facebook-Gruppe ein Aufruf gestartet, mit dem die Eigentümer nach Hinweisen auf den Diebstahl gesucht haben.

Somit hat auch die Erfurter Polizei erst auf diesem Weg überhaupt von der mutmaßlichen Straftat erfahren. Denn ein Medienvertreter hat die Beamten auf den Facebook-Post aufmerksam gemacht – daraufhin wurden schließlich die Ermittlungen aufgenommen. Leider kein Einzelfall, wie die Beamten im Gespräch mit Thüringen24 erzählt haben. Denn solche Vorfälle nehmen zu.

Erfurt: „Entscheidende Spuren verloren“

Es ist ein neuer Trend, der die Ermittlungen der Erfurter Polizei massiv erschwert. Denn: Straftaten landen immer öfter in den sozialen Netzwerken. Doch nicht nur das. Die Kriminalfälle werden nämlich immer häufiger mit der Community geteilt, bevor die Beamten überhaupt erst davon erfahren, erzählt ein Sprecher der Erfurter Polizei im Gespräch mit Thüringen24. Egal ob Fotos, Videos oder Zeugenaufrufe – einmal im Netz, verbreiten sich solche Informationen rasant. Doch dadurch, dass die Polizei immer häufiger erst Tage später von den Vorfällen erfährt, kann sie auch die Ermittlungen oft erst verspätet einleiten. Ein Nachteil für die Aufklärung, wie uns der Pressesprecher verrät.

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Besonders bei Eigentumsdelikten posten Betroffene laut den Beamten oft sofort im Internet: „Möglicherweise erhoffen sich die Geschädigten durch eine öffentliche Darstellung schnelle Unterstützung, Hinweise auf mögliche Täter oder schlicht Aufmerksamkeit“, mutmaßt der Beamte. Mögliche Gründe dafür können sein, dass manche Menschen die rechtliche Bedeutung unterschätzen oder schlichtweg den Aufwand einer Anzeige scheuen. „Vielleicht herrscht aber auch der Irrglaube, dass zum Beispiel ein Facebook-Post schon ausreiche, um etwas in Gang zu bringen“, so der Sprecher weiter. Doch genau dieses Verhalten macht es der Polizei nicht einfacher. Im Gegenteil.

„Ersetzen (..) keine Anzeigenerstattung bei der Polizei“

„Ein Zeitverzug bis zur Anzeigeerstattung kann dazu führen, dass entscheidende Spuren verloren gehen oder wichtige Hinweise nicht mehr ermittelt werden können“, warnt die Polizei Erfurt. Selbst ein viraler Post ersetze keine Strafanzeige. Dazu kommt, dass Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen oder Handyortungen nur mit einer offiziellen Meldung überhaupt erst eingeleitet werden dürfen. Der direkte Kontakt zur Polizei sei letzten Endes der Schlüssel zur Aufklärung – und nicht der nächste Post im Netz. Wer Täterbilder veröffentlicht, müsse zudem mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Denn: Öffentlichkeitsfahndungen darf nur die Polizei einleiten.


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„Soziale Netzwerke können im besten Fall ergänzende Hinweise liefern. Sie ersetzen jedoch keine Anzeigenerstattung bei der Polizei“, so der klare Appell. Deswegen ruft die Erfurter Polizei dazu auf, Vorfälle sofort zu melden. Denn nur so können Zeugen befragt, Spuren gesichert und schließlich auch Täter ermittelt werden. Erfurt verfügt – genau wie andere Städte in Thüringen – über eine Onlinewache sowie digitale Hinweisportale, die 24 Stunden erreichbar sind. Sie sollen den Kontakt zur Polizei erleichtern und die Hemmschwelle zur Anzeigenerstattung zu senken.