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Warum der Mann eine Mutation der Frau ist

Warum der Mann eine Mutation der Frau ist

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Anatomie-Professor Gustav F. Jirikowski: "Das kleine, 'verschrumpelte' Hirn ist männlich." Foto: Imago

Wie unterscheiden sich Männer und Frauen im Gehirn? Was bewirkt eigentlich die Pille? Ist der Mann eine Mutation der Frau? Anatomie-Professor Gustav F. Jirikowski von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sprach bei der TEDx-Konferenz über die „Anatomie der Liebe“. Thüringen24 erklärt er im Interview, warum Männer Brüste bekommen.

Herr Professor Jirikowski, woran liegt es, dass sich Frauen und Männer im Gehirn unterscheiden?
Das liegt unter anderem am Östrogen. Während der Entwicklung im Mutterleib bewirkt es, dass sich weniger Synapsen bilden und das männliche Gehirn entsteht. Das kleine, „verschrumpelte“ Hirn ist männlich. Der Mann ist eigentlich eine „Genmutation“ der Frau. Das Y-Chromosom die Variante. Das Gehirn enthält während der Embryonalentwicklung ein Eiweiß, das alles Östrogen bindet. Da im mütterlichen Körper große Mengen Östrogen wirken, bekämen sonst alle Föten männliche Gehirne. Bei den männlichen Föten entsteht kurz vor der Geburt Testosteron. Das wandert aus dem Hoden ins Gehirn und wird durch ein Enzym in Östrogen umgewandelt – es bildet sich das männliche Gehirn.

Sie sagen, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf chronischen Stress reagieren. Wie?
Stress ist keine Krankheit, sondern eine wichtige biologische Funktion, die das Überleben des Individuums ermöglicht. Chronischer Stress kann aber krank machen. Bei Männern führt er oft zur Sucht, die so weit gehen kann, dass sogar eine Sucht nach Stress entsteht, wie etwa bei Workaholikern. Bei Frauen kann chronischer Stress eher zu Depression führen.

Sie haben in Ihrem Vortrag gesagt, dass Homosexuelle anders sind im Gehirn. Wie meinen Sie das?
Das ist eine ganz kontroverse Diskussion auch innerhalb der Wissenschaft. Es ist schon einige Zeit her, dass man herausgefunden hat, dass der Phänotyp des jeweils anderen Geschlechtes im Gehirn Homosexueller zu finden ist. Ich finde, dass diese Beobachtung eine ganz gefährliche Denkweise auslösen kann, denn man könnte auf die Idee kommen, Lebensstile zu pathologisieren. Wo hört es auf?

Wie steht es um die Anziehung zwischen Frau und Mann?
Bestimmte Bilder die Emotionen auslösen sind in unserem Gehirn fest gespeichert. Für den Mann ist die runde, „weibliche“ Form attraktiv und für die Frau die schlanke, „männliche“. Und diejenigen, die es schaffen, sich dem Schönheitsideal des jeweilig anderen Geschlechts anzupassen, sind die Stars, die Models. Schauen Sie sich Bilder von Frauen und von Männern in einer Modezeitschrift für Frauen und in einem Männermagazin an, da liegen Welten dazwischen. Die Schönheitsideale sind also „geschlechts-verkehrt“. Ich glaube, das ist genetisch und in den Grundzügen vorgeprägt.

Wie steht es eigentlich um die Pille? Müssen wir uns Sorgen machen um die Reste, die ins Abwasser gelangen?
Da muss man sich eigentlich keine Sorgen machen, denn das Östrogen, das über die Pille durch das Abwasser ins Trinkwasser gelangt, ist viel weniger als das, was als Phytoöstrogen zum Beispiel im Bier vorkommt. Sie finden bei Männern, die Biertrinker sind, manchmal richtige Brüste.

Und wie ist der Einfluss der Pille auf die Frau?
Die Pille kann das Wohlbefinden der Frau beeinträchtigen. Sie simuliert eine Schwangerschaft und Frauen, die die Pille nehmen, klagen oft über reduziertes Sexualempfinden aber auch über Depression, Übergewicht und Stoffwechselstörungen.