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Rente: Österreicher schüttelt den Kopf über deutsches System – „Ist Unsinn“

Was läuft schief bei der Rente in Deutschland? Klar ist: In Österreich ist das Rentenniveau deutlich höher. Sind wir falsch abgebogen?

In Österreich läuft es bei der Rente anders.
© IMAGO/Steinach

Rente: Üble Aussichten für Millionen Verträge - „Riester ist in den Ruinen“

Renteneperte Helmut Achatz erklärt im Video, warum die Riesterrente ein Auslaufmodell ist.

Der Österrreicher Erik Türk ist Experte für die Rente. Im Gespräch mit „Focus“ vergleicht er das deutsche und österreichische Rentensystem. Seine Analyse ist ziemlich hart für die Deutschen.

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Anfang der 2000er-Jahre, als in Deutschland unter Kanzler Gerhard Schröder die Riester-Rente eingeführt wurde, entschied sich die Alpenrepublik für einen anderen Weg. Nun gibt es dort Zustände, von denen Rentnerinnen und Rentner hierzulande nur träumen können.

Rentenniveau von 77,6 Prozent in Österreich

Bis dahin seien die Systeme noch „sehr ähnlich“ gewesen, wie Türk sagt. Auch heute noch gebe es hinsichtlich der Umlagefinanzierung viele Gemeinsamkeiten, vor allem jedoch beim Leistungsniveau erhebliche Unterschiede.

„Wenn jemand in Österreich 45 Jahre lang das Durchschnittseinkommen verdient hat und dann zum Regelpensionsalter, also abschlagsfrei, mit 65 Jahren in Rente geht, dann bekommt er 77,6 Prozent Rentenniveau“, erklärt Türk im Gespräch mit „Focus“. Zum Vergleich: Die Ampel-Regierung will das deutsche Rentenniveau dauerhaft auf 48 Prozent stabilisieren. Selbst das wird von Kritikern als zu ambitioniert und unfair gegenüber jüngeren Generationen betrachtet.

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„Gerade deswegen muss das Niveau der Rente so hoch sein“

„Bei dem von mir geschilderten Niveau von 77,6 Prozent muss man auch beachten, dass das für einen idealtypischen Verlauf gilt“, so Türk. Viele würden wegen „Arbeitslosigkeit, Krankheit, längeren Teilzeitphase etwa wegen Kinderbetreuung“ keine solche Erwerbsbiografie schaffen. Gerade deswegen aber müssten „die Rentenniveaus für einen Idealverlauf oder ‚Standardrentner‘ so hoch sein, damit bei einem realistischen Verlauf auch ein vernünftiges Rentenniveau herauskommt“, argumentiert der Sozialpolitik-Experte.

Einbindung der Beamten stabilisierte Rentensystem in Österreich

In Österreich habe es 2004/05 die zentrale Reform bei der Rente gegeben, mit der Einführung eines leistungsdefinierten Pensionskontos sowie der Einbindung der Beamten. „Für die öffentlichen Bediensteten gilt damit das gleiche Recht wie für Selbstständige, Angestellte oder Bauern“, so Türk. Während die Ansprüche im deutschen Rentensystem seitdem massiv zurückgenommen wurden und mehr auf private Vorsorge gesetzt wurde, konnte das österreichische System dadurch stabilisiert werden.


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„Das Argument, dass die Einbeziehung der Beamten in die Rentenversicherung keine gute Idee wäre, weil es sich bei den Beamten aufgrund der im Durchschnitt höheren Lebenserwartung ja um ’schlechte Risiken‘ handelt,  ist natürlich Unsinn“, findet er. Es gehe nicht darum, wie viel für Renten und Pensionen ausgegeben werde. Vielmehr müsse es darum gehen, wie die Kosten am besten verteilt werden können.