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Katarina Barley (SPD) über geringes EU-Interesse: „Kann das den Wählern nicht verdenken“

Am Sonntag ist Europawahl – doch das Interesse im Wahlvolk hält sich in Grenzen. SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley hat dafür Verständnis.

Geringes Interesse an Europawahl.
© IMAGO / Rene Traut, IMAGO / Christian Grube (Fotomontage)

Europawahl 2024: Interview mit der SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley

Zur bevorstehenden Europawahl haben wir einige Fragen an die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley.

Das Interesse an der Europawahl 2024 zieht nur langsam an. Eine Forsa-Umfrage ergab vor einigen Wochen, dass lediglich 48 Prozent der Deutschen an der Wahl interessiert sind. Im jüngsten ZDF-Politbarometer bekundeten mittlerweile immerhin 61 Prozent der Befragten ihr Interesse an der EU-Wahl. Im Interview mit unserer Redaktion geht SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley auf diese Stimmung ein.

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Bislang war die Wahlbeteiligung bei Europawahlen in Deutschland mäßig. Barley kann das in Teilen sogar nachvollziehen.

Katarina Barley: „Ich nehme das nicht persönlich“

Seit 2019 sitzt die SPD-Politikerin Katarina Barley im EU-Parlament. Auch zur kommenden Europawahl tritt sie an. In ihren bisherigen fünf Jahren im Parlament konnte Barley mit ihrer Fraktion unter anderem die Mindestlohn-Richtlinie durchringen. Diese gab auch hierzulande den Impuls, Diskussionen um einen Mindestlohn von über 14 Euro anzustoßen.

Gleichzeitig schaffte sie es aber kaum, wie auch andere EU-Politiker, den Wahlberechtigten die Europawahl und das Konzept der Europäischen Union wirklich näherzubringen. Nimmt sie das trotz ihres Engagements persönlich, dieses Ziel nicht erreicht zu haben? Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt sie: „Ich nehme das nicht persönlich. Ich kann das den Menschen nicht verdenken. Die Europäische Union hat großen Einfluss auf den Alltag der Menschen, wird aber weniger wahrgenommen. Da ist noch Luft nach oben.“

Mit lediglich 96 deutschen Abgeordneten hätte man weniger Sichtbarkeit. „Auf einen von uns kommen sieben bis acht Bundestagsabgeordnete“, bedauert Barley die Kluft. Der Bundestag hatte nach der Bundestagswahl 2021 insgesamt 736 Abgeordnete – Rekord. „Zum anderen haben wir viel mehr Sitzungswochen als der Bundestag in Berlin. Wir können also wesentlich weniger präsent sein vor Ort. Das ist schon ein Problem!“

Barley selbst höre manchmal den Vorwurf, dass man von ihr weniger wahrnehme als zu ihrer Zeit als Bundesministerin in der Großen Koalition. Doch das liege nicht daran, dass sie weniger engagiert sei, betont die Sozialdemokratin.

„Dann frage ich immer: Nennen sie mir doch mal einen anderen Europaabgeordneten aus Deutschland, den sie in den vergangenen fünf Jahren mehr wahrgenommen haben als mich. Es kommt meistens nichts. Die Aufmerksamkeit muss mehr auf Europa und auf dem Parlament liegen.“

Katarina Barley

Doch sie gibt auch den Medien eine Mitschuld: „Wenn sie über Europa berichten, dann kaum über das Parlament. Dann geht es meistens um die Kommission oder den Rat, die anderen beiden Organe.“

Europawahl 2024: Kanzler als Verstärkung auf den Plakaten

Dabei macht Barley allerdings selbst offensiv Werbung mit Bundeskanzler Olaf Scholz an ihrer Seite. Geht die Wahlkampfstrategie der SPD somit nicht in die von ihr kritisierte Richtung, dass das Parlament, vertreten durch Barley, allein nicht ausreicht? Die SPD-Spitzenfrau erklärt diese Kampagne: „Wir haben das aus mehreren Gründen gemacht. Der eine ist: Die Opposition hätte sowieso den Kanzler und die Ampel-Regierung zum Thema gemacht“, so Barley. „Dann haben wir gesagt, wir spielen das von vorne.“ Noch dazu habe Scholz für Europa viel getan.

„Olaf Scholz ist auf dem europapolitischen Parkett ein sehr angesehener und sehr wirkungsvoller Politiker. Er war derjenige, der zum Beispiel den Wiederaufbaufonds überhaupt ins Leben gerufen hat, mit dem ganz Europa aus dieser Corona-Krise gekommen ist.“

SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley gegenüber unserer Redaktion

Darüber hinaus sei das Teamplay der einzelnen EU-Institutionen sehr wichtig und das funktioniere bei der SPD sehr gut. Anders als bei der Union, behauptet Barley, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Wahlkampf praktisch versteckt habe.


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