Ein X-Beitrag der Grünen-Bundestagsabgeordneten Lamya Kaddor sorgte Anfang Mai für viel Aufsehen und Wirbel im Netz. Die Politikerin bewertete es als positiv, dass noch kurz vor Schluss der Amtszeit von Annalena Baerbock als Außenministerin „deutsche IS-Anhänger aus den Lagern in Nordostsyrien“ zurückgeholt wurden. Das sei „gut so“, schrieb die Grüne (hier die Erstmeldung).
Im Netz gab es viel Kritik an dieser Einschätzung. Der Vorwurf lautete im Kern, dass Kaddor damit die Sicherheitsinteressen der Deutschen weniger wertschätze als die der Syrer, wenn man gewaltbereite IS-Kämpfer ins Land holt. Nun rechtfertigt sich die Abgeordnete in einem Statement gegenüber unserer Redaktion und erklärt, wieso sie dennoch die Rückholung als sinnvoll ansieht.
„Dort wächst eine neue Generation an IS-Anhängern heran“
Seit 2013 ist etwa eine dreistellige Zahl deutscher Staatsbürger nach Syrien ausgereist. Diese Menschen haben sich den islamistischen Schlächtern des sogenannten Islamischen Staates angeschlossen. Noch immer soll sich eine niedrige Zahl an Frauen und Männern in Gefängnissen in Nordostsyrien befinden.
Kaddor befürchtet, dass die Gefangenen dort nicht sicher genug untergebracht werden können. „Die dortige Selbstverwaltung Nordostsyrien fordert seit Jahren westliche Staaten auf, ihre Staatsbürger zurückzunehmen. Denn die Lager und Gefängnisse stellen ein enormes Sicherheitsrisiko für die Region dar. In den Lagern herrschen sehr schlechte Bedingungen, die Selbstverwaltung muss viele Ressourcen aufwenden für den Betrieb und die Bewachung“, so die Politikerin.
Durch den Wegfall von US-Hilfsgeldern unter Donald Trump habe sich die Situation weiter zugespitzt. „Für das sich im Umbruch befindende Syrien ist das eine gefährliche Situation, ein Kollaps der Lager würde die Instabilität massiv erhöhen“, so Kaddor. Kaddor warnt: „Aber auch für Europa sind die Lager tickende Zeitbomben. Dort wächst bereits eine neue Generation an IS-Anhängern heran, die ein Sicherheitsrisiko für ihre Heimatländer darstellen.“
IS-Kämpfer und deutsche Staatsangehörigkeit:
- Seit 2019 kann Deutschland IS-Terroristen die Staatsbürgerschaft entziehen.
- Das ist ausschließlich möglich bei IS-Mitgliedern mit doppelten Staatsbürgerschaften, die somit also nicht staatenlos werden.
- Die juristische Voraussetzung dafür ist, dass die Personen nachweislich aktiv an terroristischen Aktivitäten teilgenommen haben.
Niemand freue sich darüber, wenn IS-Mitglieder nach Deutschland zurückkehren, versichert die Grüne. „Aber es sind unsere Staatsbürger. Und aktuell lassen wir die Menschen in Syrien damit allein.“
Kaddor: „Das ist unsere Verantwortung“
Sie betont darüber hinaus, dass es auch im deutschen Sicherheitsinteresse wäre, dass diese Kämpfer nicht eines Tages unkontrolliert nach Europa einreisen. „Es ist daher mindestens unsere Verantwortung, die Selbstverwaltung Nordostsyriens oder die syrische Übergangsregierung bestmöglich bei der Bewachung, juristischen Aufarbeitung, Deradikalisierung und Prävention der IS-Mitglieder zu unterstützen.“ Das sei in Deutschland „am besten sichergestellt“.
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Dann, so schreibt die Bundestagsabgeordnete abschließend, sei auch sichergestellt, dass sich diese Menschen vor deutschen Gerichten verantworten müssten und „ihre gerechte Strafe“ erhielten.