Erst im vergangenen Jahr hatte Lettland die Istanbul-Konvention ratifiziert – ein internationales Abkommen, das Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen soll. Doch nun kehrt das Land dem Vertrag überraschend wieder den Rücken. Nach einer hitzigen Debatte stimmte das Parlament in Riga mehrheitlich für den Ausstieg.
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Der Schritt sorgt europaweit für Aufsehen. Lettland wäre das erste EU-Land, das die Konvention wieder aufkündigt. Das Gesetz muss allerdings noch von Staatspräsident Edgars Rinkevics unterzeichnet werden. Vor der Abstimmung demonstrierten rund 5000 Menschen in der Hauptstadt gegen den geplanten Ausstieg – eine der größten Kundgebungen der letzten Jahre.
Nimmt der Schutz vor Gewalt in Lettland bald ab?
Kritiker sehen in der Entscheidung einen herben Rückschlag für den Schutz von Frauen vor Gewalt. Die Istanbul-Konvention stuft Gewalt gegen Frauen als klare Menschenrechtsverletzung ein. Sie verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, Opfer besser zu schützen, Täter konsequent zu bestrafen und Prävention in den Mittelpunkt der Politik zu stellen.
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Gegner des Abkommens argumentieren dagegen, die Konvention fördere eine Ideologie, die traditionelle Familienwerte untergrabe. Besonders konservative Gruppen in Lettland sehen darin eine Bedrohung für das klassische Familienbild. Viele Abgeordnete der Opposition stimmten deshalb geschlossen für den Ausstieg – unterstützt von einer Regierungspartei.
Die Ratifizierung des Abkommens war erst im Mai 2024 in Kraft getreten – also keine zwölf Monate vor dem jetzigen Kurswechsel. Ministerpräsidentin Evika Silina hatte sich damals klar für die Konvention ausgesprochen und sie als wichtigen Schritt im Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung bezeichnet. Nun könnte ihre Mitte-Links-Regierung ins Wanken geraten.
Frauenrechtsorganisationen warnen
Frauenrechtsorganisationen warnen vor den Folgen des Rückzugs. Sie fürchten, dass die Entscheidung die Rechte von Gewaltopfern schwächt und staatliche Hilfsstrukturen gefährdet. Viele Expertinnen sprechen von einem fatalen Signal – sowohl an betroffene Frauen als auch an alle, die sich für Gleichstellung einsetzen.
Mit dem geplanten Ausstieg stellt sich Lettland gegen ein zentrales Menschenrechtsabkommen Europas. Nur die Türkei hatte sich bisher aus der Istanbul-Konvention verabschiedet. Ob Präsident Rinkevics das Gesetz tatsächlich unterzeichnet, ist noch offen – doch der Schaden für Lettlands internationales Ansehen scheint schon jetzt angerichtet. (mit dpa)
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