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Vor diesen Hürden stehen die Skater der Bretterbude Gotha

Vor diesen Hürden stehen die Skater der Bretterbude Gotha

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Skateboarden kommt von der Straße. Allerdings kann der Sport dort in vielen Städten nur schwer bleiben. Foto: © Jonas Eberhardt / www.pixelio.de

Die Bretterbude Gotha ist ein neuer Verein für Skateboarder, der das Kulturleben der Stadt Gotha bereichern möchte. Derzeit kämpfen die Skater allerdings gegen einige bürokratische Hürden.

Sein Board hat Patrick Weigand gleich zu Hause gelassen. Er darf hier nicht skaten – nicht einmal fürs Foto. Und das ist jammerschade. Denn es ist schlichtweg beein­druckend, wie sich das verfallene ehemalige Autohaus unweit der Gothaer Stadthalle, das nur noch eine illegale Müllhalde war, in einen Skaterpark verwandelt hat.

Eine Treppe mit Geländer, Rampen, Pyramiden – „alles, was das Skaterherz begehrt“, sagt Weigand. Alles ist selbst gebaut, in unzähligen Abenden und ganzen Nächten, aus geschenkten Holzrestbeständen, die erst von alten Nägeln und Schrauben befreit werden mussten. „Zeit, Herzblut, sauviel Kraft“ und Tausende Euro aus eigener Tasche haben Weigand und seine Freunde investiert.

Nutzen dürfen die Skater, die gerade den Verein Bretterbude Gotha gegründet haben, die Halle aber leider noch nicht. Es fehlt an Brandschutz, Geld und vor allem an mehr Unterstützung und Entgegenkommen. „Von A bis Z – alles müssen wir organisieren“, klagt Weigand.

„Die haben ein Herz dafür und sehen, dass dies ein Projekt ist, das Gotha braucht.“

Hilfe bekommen sie nur von privat, beispielsweise von einem Anwalt und einem Architekten. „Die haben ein Herz dafür und sehen, dass dies ein Projekt ist, das Gotha braucht, das die Umgebung braucht. Sie finden es super, dass sich junge Leute engagieren und etwas aus eigener Initiative auf die Beine stellen“, freut sich der 25-Jährige.

Mit ihren Brettern überspringen die Gothaer Skater normalerweise locker manches Hindernis. Mit den büro­kratischen Hürden haben sie derzeit aber schwer zu kämpfen. Mit Politikern, den Behörden, der Bank und dem Thüringer Liegenschafts­management argumentieren sie sich wund. In ihren Köpfen entwickeln sie viel lieber Visionen für ihre Heimatstadt, tolle Ideen, um jungen Menschen mehr zu bieten, als die Stadt Gotha in der Lage scheint. Derzeit dreht sich aber eher alles um Genehmigungen und Richtlinien, um Altlasten und Abwasser.

Der Sport, der bedeutet für die Freunde vor allem das Miteinander. „Mir geht es beim Skateboard-Fahren nicht darum, der Beste zu sein. Aber die Szene, die Leute zu treffen, die Gemeinschaft zu erleben – das ganze Drumherum macht die Faszination aus“, erklärt Weigand. Ganz egal, welches Alter, welches Board, welche Fähigkeiten auf dem Brett – hier wird jeder sofort mit offenen Armen aufgenommen, bestätigen alle. Wie eine Familie, vergleichen sie. „Wer alleine fährt, verliert schnell die Lust. Wenn man zusammen fährt, ist es zehnmal leichter, sich zu steigern.“

Skaten kann gerade zu Beginn frustrierend sein

Das ist besonders für Einsteiger wichtig, denn Skaten kann gerade zu Beginn frustrierend sein. Die Tricks klappen nicht. Stattdessen knickt man um oder stürzt. Schmerzhaft, weiß Weigand. „Für Anfänger ist es schwierig. Wenn man aber erst einmal ein Gefühl für das Skateboard entwickelt hat, dann bekommt man eine gewisse Routine.“ Gleichgewichtssinn benötigt man zwingend, ­jeden Trick kann man hingegen üben – auch 200-mal hintereinander, bis er sitzt. Wie beim Judo ent­wickelt sich sogar fürs Hinfallen ein Geschick. „Es ist wie bei jeder Sportart: Wenn du nicht dranbleibst, Ehrgeiz ent­wickelst und einen gewissen Mut hast, ist es schon schwierig“, resümiert Weigand.

Skateboarden ist eigentlich nur selten im Verein organisiert. Es gibt keine Ligen, Verbände oder offizielle Meisterschaften. Dieser Sport kommt von der Straße. Allerdings kann er dort in vielen Städten nur schwer bleiben. „Gotha ist mit seinem Pflaster nicht gerade für Skater gebaut. Die Leute in der Innenstadt würden es auch nicht geil finden, wenn ich über irgendwelche Marmorbänke skate“, akzeptiert Weigand. Und bauen die Skater draußen Holzrampen auf, fallen sie meist der Witterung und Vandalismus zum Opfer.

Die Jungs von der Bretterbude sind mit ihrem Sport älter geworden, die Haare länger, die Gesichter bärtiger. An sein erstes Skateboard zu Teenagerzeiten erinnert sich jedoch jeder der Skater – und wenn es noch so ein billiges Stück Schrott war. Und über Verletzungen durch Stürze wird gesprochen, als wären es alte Kriegswunden.

Die Jungs von der Bretterbude haben noch viele Pläne. Sie wollen die Halle auf 800 Quadratmeter ausbauen, sie planen Konzerte und wollen der Musik- und Kunstszene eine Plattform bieten. Eine Kreativwerkstatt soll entstehen mit Grafik-, Foto- oder Graffiti-Workshops für Kinder und Jugendliche.

Viele Pläne: Konzerte, Workshops, Ausstellungen

In der Thüringer Skaters­zene lässt die Initiative aufhorchen. „Wir bekommen täglich Anfragen von Leuten, die unser Projekt super und megageil finden.“ Noch müssen die Gothaer Skater die Interessenten aber vertrösten. Bis sie ihre Halle wieder nutzen dürfen und dort ihr Glück auf einem Brett mit vier Rädern finden.

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