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Ist Thüringen ein Kernland für rechtsextreme Konzerte?

Ist Thüringen ein Kernland für rechtsextreme Konzerte?

Teilnehmer der Veranstaltung Rock für Deutschland
Foto: dpa
  • Verein Mobit schlägt Alarm
  • Thüringen beliebter Veranstaltungsort für Rechtsextreme
  • 2016 50 rechte Konzerte in Thüringen
  • Lebendige Neonazi-Subkultur etabliert

Thüringen hat sich nach Einschätzung der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (Mobit) zu einem der Kernländer für den Rechtsrock entwickelt. 2016 seien in Thüringen rund 50 rechte Konzerte abgehalten worden. Das seien doppelt so viele wie noch 2007, sagte Stefan Heerdegen von Mobit der Deutschen Presse-Agentur. Bereits seit Jahren gehe die Zahl rechter Konzerte, Liederabende und Open-Airs im Freistaat nach oben. „Der Thüringer Szene ist es gelungen, eine lebendige Neonazi-Subkultur zu etablieren.“ Zu den Konzerten reisten ebenso Besucher aus anderen Bundesländern an. „Auch die Bands kommen zum Teil aus ganz Deutschland und aus Europa.“

Konzerte haben soziale Bedeutung

„Die Konzerte haben eine soziale Bedeutung“, sagte Heerdegen. Dort treffe und vernetze sich die rechte Szene und lebe ihre Vorstellung einer „Volksgemeinschaft“ aus. Die Protagonisten für diese Veranstaltungen in Thüringen seien immer die selben und sehr aktiv. „Wir hatten in diesem Jahr allein fünf rechte Musik-Großevents.“ So habe es Anfang Mai auf einer Industriebrache in Hildburghausen ein Open-Air-Konzert mit fünf rechten Bands und rund 3500 Besuchern gegeben. Heerdegen sprach von einem Musikbusiness, bei dem viel Geld umgesetzt werde, welches dann wieder in die Szene zurückfließe.

Grund für die steigende Zahl von Rechtsrock-Konzerte

Ein Grund für die steigende Zahl von Rechtsrock-Konzerten in Thüringen sieht Mobit in den hier zur Verfügung stehenden Veranstaltungsorten. „Die Neonazis können regelmäßig auf 14 Immobilien zurückgreifen“, sagte Heerdegen. Die meisten Konzerte habe es in diesem Jahr in Kloster Veßra im Kreis Hildburghausen (12), Eisenach (10), Kirchheim im Ilm-Kreis (9) und in Erfurt (5) gegeben.

Größerer Verfolgungsdruck gefordert

Wünschenswert wäre ein größerer Verfolgungsdruck seitens der Polizei. „Wir haben seit Jahren keine aufgelösten Konzerte mehr“, sagte Heerdegen. Außerdem würden die Ordnungsbehörden nicht immer ihre rechtlichen Möglichkeiten so ausschöpfen, wie sie es könnten. „Die Zivilgesellschaft wäre damit überfordert, wenn sie auch noch allein gegen Rechtsrock-Konzerte vorgehen sollte.“

Bruderschaft „Turonen“

Die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König hatte erst kürzlich auf eine neue Neonazi-Organisation in Thüringen hingewiesen, die als sogenannte Bruderschaft mit rockerähnlichen Kutten auftritt. Das Netzwerk mit den Namen „Turonen“ oder „Garde 20“ organisiert laut König schwerpunktmäßig Rechtsrock-Konzerte im Freistaat. Zwischen Mai 2014 und August 2016 seien elf Konzerte und Feiern – meistens in Kirchheim – gezählt worden, an denen die Bruderschaft beteiligt gewesen sei.

Der Verein Mobit berät und unterstützt seit 2001 Initiativen und Bündnisse, Schulen und Jugendarbeit sowie Verwaltung, Politik und Einzelpersonen bei der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.