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Thüringer Bürgermeister entlässt Mitarbeiterin – und soll 300.000 Euro zahlen

Thüringer Bürgermeister entlässt Mitarbeiterin – und soll 300.000 Euro zahlen

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Der aus dem Rathaus entfernte Bürgermeister von Eisenberg, Ingo Lippert (SPD), soll an die Thüringer Kreisstadt laut Bescheid rund 300.000 Euro zahlen. Foto: Friedhelm Berger (Archiv)
  • Landratsamt wirft Ingo Lippert (SPD) „schwere Dienstpflichtverletzungen“ vor
  • Suspendierter Bürgermeister von Eisenberg soll rund 300.000 Euro an die Stadt zahlen
  • Trotz Vorwürfen: Lippert nimmt Mandat als Kommunalpolitiker im Kreistag weiter wahr

Der Fall dürfte einzigartig in Thüringen sein: Das Landrats­amt des Saale-Holzland-Kreises hat den suspendierten Bürgermeister der Stadt Eisenberg, Ingo Lippert (SPD), zur Zahlung von „Schadenersatz wegen vorsätzlicher Dienstpflichtverletzungen“ verpflichtet. Geltend gemacht werden exakt 294.202,73 Euro.

Stadt Eisenberg: „Beträchtlicher Schaden“

In dem insgesamt elf Seiten umfassenden Dokument „wird festgestellt“, dass Lippert als Bürgermeister gegenüber der ehemaligen Kämmerin der Stadt Eisenberg „rechtswidrige Kündigungen ausgesprochen “ und „trotz des laufenden Kündigungsschutzverfahrens die unbefristete Neubesetzung ihrer Stelle betrieben hat.“ Und weiter: „Aus den vorsätzlichen Pflichtverletzungen entstand der Stadt Eisenberg ein beträchtlicher finanzieller Schaden.“ Dieser beruht laut Rechtsaufsichtsbehörde in erster Linie auf Lohnzahlungen an die vom Bürgermeister freigestellte Kämmerin und den neuen Amtsleiter. Hinzu kommen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten, die von der Stadt zu tragen waren.

Die Pflicht zum Schadenersatz ergibt sich laut Bescheid aus Paragraf 48 im Beamtenstatus-Gesetz (BeamtStG). Danach hat ein Beamter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, seinem Dienstherren (in diesem Fall ist es die Kreisstadt Eisenberg) den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Dieser wird Lippert von der Rechtsaufsichtsbehörde in dem aktuellen Bescheid auf den Cent genau vorgerechnet.

Ex-Bürgermeister Lippert schweigt

Unter dem Punkt „Recht­liche Würdigung“ wird zudem ausgeführt, dass es dem Bürgermeister „allein darauf ankam, die ihm potentiell unliebsame Kämmerin abzusetzen“. Außerdem sei der Stadtrat von ihm in der ganzen Angelegenheit „nachweislich wahrheitswidrig informiert worden“. Wörtlich heißt es in dem Bescheid an Lippert: „Finanzielle Schäden der Stadt Eisenberg waren Ihnen ebenso gleichgültig wie die Frage der Rechtmäßigkeit Ihres Handelns.“

Gegen den aktuellen ­Bescheid auf Zahlung von Schadenersatz hat ­Lippert – wie das Landratsamt ­bestätigte – Widerspruch eingelegt. Er selbst wollte sich auf Nach­frage nicht äußern.

Mandat als Kommunalpolitiker

Ingo Lippert wurde bereits am 29. Juni 2015 wegen mutmaßlicher Straftaten vorläufig aus dem Amt entfernt. Die Amtsgeschäfte im Rathaus werden seitdem vom Ersten Beigeordneten geführt. Lippert erhält weiterhin 75 Prozent seiner Bezüge. Am 3. Mai vergangenen Jahres wurde Lippert wegen Untreue und Betrug vom Landgericht Gera zu einer Geldstrafe von 20 100 Euro (300 Tagessätze à 67 Euro) verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da er Revision beim Oberlandes­gericht eingelegt hat.

Am 22. Juli 2017 erhob die Staatsanwaltschaft Gera eine neue öffentliche Klage gegen den 1969 in Flensburg geborenen Beamten. Der Vorwurf: „Subventionsbetrug in zwei tatmehrheitlichen Fällen“. Ungeachtet aller Verfahren nimmt Lippert weiterhin sein Mandat als Kommunalpolitiker im Kreistag des Saale-Holzland-Kreises wahr.