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Mit Nerven aus Stahl: Tausende Kriegsbomben in Thüringen entschärft oder gesprengt

Mit Nerven aus Stahl: Tausende Kriegsbomben in Thüringen entschärft oder gesprengt

Fliegerbombe gesprengt
Die in einem Wald bei Nordhausen entdeckte britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg wird am 8.6.2016 von Experten gesprengt. Zur Sicherheit hatten damals mehr als 1000 Einwohner der nahegelegenen Orte Leimbach und Steigerthal am Vormittag ihre Häuser verlassen müssen. (Archivfoto) Foto: Frederik Berners, Stadtverwaltung Nordhausen/dpa
  • Noch immer schlummern viele Tonnen Sprengstoff in Thüringer Böden und Gewässern
  • Es handelt sich überwiegend um Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg
  • Aber auch im öffentlichen Raum gibt es manchmal Zufallsfunde

Bomben, Granaten und Munition: Explosive Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit stellen auch in Thüringen immer noch eine Gefahr dar. Im vergangenen Jahr wurden rund 91 Tonnen – über 500.000 Stück – Munition und andere Kampfmittel gefunden und entsorgt, wie das Thüringer Landesverwaltungsamt auf Anfrage mitteilte.

Zahl der Zufallsfunde schwankt von Jahr zu Jahr

Die Kosten dafür lagen bei rund 3,5 Millionen Euro. Im Vorjahr wurden 173 Tonnen Kampfmittel entdeckt. Ein Trend lasse sich daraus aber nicht ableiten, hieß es. Da es sich um Zufallsfunde handele, könnten die Zahlen pro Jahr deutlich schwanken.

Noch einige Jahrzehnte Arbeit vor sich

Ein Ende ist daher nicht Sicht: Experten wie Andreas West, Leiter des Munitionsbergungsdienstes Tauber schätzen, dass es noch einige Jahrzehnte dauern wird, bis die meisten Überbleibsel aus dem Krieg und der Nachkriegszeit entsorgt sind. Die Privatfirma hat in Thüringen die einzige Lizenz zur Entschärfung, dem Transport und der Vernichtung von Kampfmitteln. Wie brisant die Arbeit ist, zeigt der jüngste Zwischenfall: Bei einem Unfall auf dem Sprengplatz des Unternehmens wurden zwei Mitarbeiter bei einer ungeplanten Detonation schwer verletzt.

30.000 Hektar Waldfläche mit Weltkriegsspuren belastet

Durch die weiträumigen Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg sind viele Regionen in Thüringen betroffen – ebenso wie ehemalige Truppenübungs- und Schießplätze der NVA und der Bundeswehr. Nach Angaben der Landesforstanstalt Thüringenforst sind rund 30.000 Hektar Waldflächen belastet. Schwerpunkte seien die ehemalige Luftmunitionsanstalt Oberndorf, die Großsprengstellen Helbetal und Wernrode sowie die Truppenübungsplätze Ettersberg und Kindel. Seit Ende der 1990er seien 2000 Hektar geräumt und dabei rund zwei Millionen Einzelstücke mit einem Gewicht von circa 1300 Tonnen geborgen worden.

Manchmal müssen tausende Menschen evakuiert werden

In Kölleda (Kreis Sömmerda) entdeckte ein Mann nach dem Sturmtief „Friederike“ eine Panzerfaust unter einem umgestürzten Baum. Im Januar fand der Hund eines Spaziergängers bei Schwarzburg (Kreis Saalfeld-Rudolstadt) eine Sprenggranate. Im Dezember wurden in Weimar in einem öffentlichen Mülleimer unter anderem Munition und eine Übungsgranate entdeckt. In Nordhausen mussten im September während der Entschärfung einer Fliegerbombe rund 3000 Menschen ihre Wohnungen zeitweise räumen.

Auf der „Muna“ im Saale-Holzland-Kreis wird regelmäßig gesprengt

Regelmäßige Sprengungen gibt es auf dem ehemaligen Gelände der Luftmunitionsanstalt in Bad Klosterlausnitz (Saale-Holzland-Kreis). Im Schnitt einmal im Monat würden Kampfmittel auf diese Weise entschärft, sagte Stephan Sachse vom Ordnungsamt der Gemeinde. Bis voraussichtlich 2021 werde es dauern, bis das Gelände vollständig geräumt sei.