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Kaufland in Thüringen: Mitarbeiterin haut auf den Tisch! „Reißen sich tagtäglich den Arsch auf“

Im Tarifstreit bei Kaufland in Thüringen ist bisher kaum eine Einigung in Sicht. Eine Mitarbeiterin haut im Thüringen24-Gespräch jetzt auf den Tisch.

kaufland thueringen
© imago images / Fotostand

Kaufland: Die Erfolgsgeschichte der Supermarktkette

Die Lebensmittel-Einzelhandelskette Kaufland wurde 1968 gegründet und hat seinen Hauptsitzt im baden-würrtembergischen Neckarsulm. Die Kaufland Stiftung und Co. KG gehört genau wie der Discounter Lidl zur Schwarz Gruppe. Kaufland beschäftigt insgesamt 132.000 Mitarbeiter.

Es ist ein zähes Ringen zwischen den Kaufland-Mitarbeitern und den Arbeitgebern. Drei Mal hatten sich beide Seiten bisher an den Verhandlungstisch gesetzt. Drei Mal blieben die Gespräche ohne Ergebnis. Auch bei den Beschäftigten in Thüringen wird der Ton mittlerweile schroffer. In Altenburg kam es am Freitag (28. Juli) wieder zu Streiks (wir berichteten).

Ob es die letzten im Freistaat bleiben werden, ist mehr als fraglich, denn: Der Frust sitzt beim Kaufland-Personal tief. Im Thüringen24-Gespräch erzählt eine Mitarbeiterin aus Gotha von einem harten Arbeitskampf, einem Leben in der Krise und der Hoffnung, dass sich vielleicht bald noch mehr Mitarbeiter dem Kampf anschließen.

Kaufland in Thüringen: „Kannst dir nichts mehr leisten“

„Wir müssen doch auch gucken, wie wir unsere Rechnungen bezahlen“, erklärt Olin Laufer-Griebel. Sie arbeitet seit 15-Jahren beim Supermarkt-Riesen und hat schon den einen oder anderen Tarifstreit miterlebt. Gerade durch die Inflation sei die Situation aber jetzt für sie und ihre Kollegen besonders brisant. „Es geht ja alles hoch, die Preise. Egal, ob Strom, Gas oder Öl. Irgendwann gehst du nur noch arbeiten, um deine Fixkosten zu bezahlen. Du fährst nicht mehr in den Urlaub. Du kannst dir nichts mehr leisten.“

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Für sie geht es bei allem Streit um das Geld auch um die Wertschätzung der Mitarbeiter. „Kaufland macht den Umsatz nur durch uns“, sagt Olin. Im letzten Jahr waren das für die Schwarz Gruppe, zu der unter anderem Lidl und Kaufland gehören, 154,1 Milliarden Euro. Trotz Krise war das ein Umsatzplus von 15,4 Prozent. „Was uns halt so ärgert, für uns ist kein Geld übrig“, erklärt die Kaufland-Mitarbeiterin.

„Wir haben nicht mal die Corona-Prämie gekriegt. Nur ein paar Gutscheine, die zusammengerechnet etwa 750 Euro wert waren. Das waren Einkaufgutscheine, die auch im Unternehmen geblieben sind. Dabei waren wir in der Pandemie jeden Tag an der Front. Trotzdem kriegen wir nichts vom Kuchen ab.“

Olin Laufer-Griebel (Kaufland-Mitarbeiterin)

Kaufland in Thüringen: Kunden zeigen Verständnis

Die Beschäftigten fordern von Kaufland unter anderem 2,50 Euro mehr Lohn pro Stunde. Das entspricht einer Gehaltserhöhung von etwa 15 Prozent. Die Laufzeit soll mindestens 12 Monate betragen. Bei der letzten Verhandlungsrunde bot die Arbeitgeberseite laut Verdi aber nur ein Lohnplus von 8,4 Prozent an – verteilt auf zwei Jahre. Zu wenig, finden die Mitarbeiter. Also wird wieder gestreikt. Auch in dem Markt in Gotha, wo Olin arbeitet. Dort legten viele Mitarbeiter am vergangenen Mittwoch (26. Juli) die Arbeit nieder. Klar führt das auch zu Kundenfrust, davon spürt die langjährige Kaufland-Mitarbeiterin aber bisher wenig.

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Foto: dpa / Grafik: A. Brühl, Redaktion: J. Schneider

„Als wir am Mittwoch gestreikt haben, kam eine Stammkundin zu mir, die gesagt hat: ‚Ich gehe heute nicht einkaufen, weil ihr das richtig macht!‘ Sie hat auch gesagt, dass sie uns vollkommen versteht. Weil wir uns auch in Corona immer gekümmert haben. Sicher erinnern Sie sich noch an die Sache mit dem Klopapier. Da haben wir auch geguckt und Kunden versprochen, dass wir was wegtun, wenn wieder etwas da ist.“

„Thüringen müsste noch stärker werden“

Olin freut sich, dass sich schon so viele ihrer Kollegen dem Arbeitskampf angeschlossen haben. Allerdings hofft sie auch, dass es demnächst noch mehr werden. „Thüringen ist schon stark geworden, aber es müsste noch stärker werden“, findet sie. Gleichzeit versteht sie auch die Hemmungen – aus eigener Erfahrung. „Der erste Streik ist immer der Schlimmste. Aber wenn du das erste Mal draußen warst, dann geht das von alleine“, sagt sie.


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Wie heikel so ein Arbeitskampf für die Mitarbeiter werden kann, hat Olin bereits am eigenen Leib erlebt. Kurz vor dem Streik in Gotha kam ihr Geschäftsführer auf sie zu und wollte mit ihr sprechen. „Da habe ich mir auch das meine gedacht“, erzählt sie weiter, „Er sagte, er will nicht, dass alle da raus gehen. Ich sagte, dass ist jedem seine eigene Entscheidung. Ich war auch nervös, weil sonst hat er ja fast nie mit mir geredet. Aber meine Kollegen reißen sich jeden Tag den Arsch auf.“

Olin hofft jetzt, dass sich noch mehr ihrer Kollegen dem Arbeitskampf anschließen werden. „Liebe Kolleginnen und Kollegen, denkt dran, ohne uns kein Geschäft.“