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Thüringen ist Renten-Schlusslicht! Experte wird deutlich – „Es wird nicht reichen“

Die Frage beschäftigt wohl jeden irgendwann: Wie stocke ich am besten meine Rente auf? Thüringen24 hat einen Experten gefragt.

© IMAGO/Christian Grube

Bürgergeld und Rente: Das musst Du wissen

Es sind erschütternde Nachrichten für Thüringen: Der Freistaat gehört zum Schlusslicht bei der Rentenstatistik. In keinem anderen Bundesland erhalten Frauen und Männer nach 45 Versicherungsjahren eine geringere Durchschnittsrente – das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Dietmar Bartsch hervor (HIER mehr dazu.)

Doch was kann man tun, um seine Rente aufzustocken? Finanzexperte Andreas Behn von der Verbraucherzentrale Thüringen erklärt, worauf es ankommt, wenn man sich mit dem Thema Altersvorsorge beschäftigt.

Thüringen: Die wichtigsten Fragen vorab

Auf die Frage, ob es reicht, sich alleine auf die gesetzliche Rente zu verlassen – und nicht privat einzuzahlen, hat Behn eine klare Antwort: „Es ist immer eine Frage, wie man selbst damit zurechtkommt. Im reinen Durchschnitt kann man die Frage beantworten: Nein, es wird nicht reichen, wenn mein Lebensstandard und die Ansprüche gleich bleiben.“ Der Experte ist sich sicher: Jeder braucht eigentlich irgendeine Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung. Deshalb sei es wichtig, sich frühzeitig um eine Ergänzung zur gesetzlichen Rente zu kümmern – je eher, desto besser.

Sich aber schnell ein beliebiges Angebot zu sichern, ist wohl die schlechteste Lösung. Wichtiger sei es laut Behn, sich erst einmal einen Überblick über die eigene finanzielle Situation zu verschaffen: Welche Einnahmen und Ausgaben habe ich? Welche Ansprüche bestehen bereits bei der gesetzlichen Rentenversicherung? „Die Informationen bekomme ich von der Deutschen Rentenversicherung“, erklärt Behn gegenüber Thüringen24. „Das ist ein guter Indikator dafür, wie viel ich selbst in die Rentenvorsorge anlegen möchte.“

Ebenso wichtig ist es, zu prüfen, ob man gegen grundlegende Lebensrisiken abgesichert ist – zum Beispiel durch eine Haftpflicht- oder Berufsunfähigkeitsversicherung. „Wenn ich das alles getan habe, dann kann ich an die Altersvorsorge denken“, so der Experte. Dann spaltet sich der Weg der Möglichkeiten. Um eine geeignete Strategie zu finden, sollte man sich sechs Fragen stellen.

  • Ziel: Was will ich mit der Geldanlage erreichen?
  • Zeit: Wie viel Zeit habe ich für die Geldanlage?
  • Sicherheit (Anlagerisiko)?: Je mehr Zeit ein Verbraucher hat, umso mehr Risiko kann er bei der Anlage eingehen. Wenn man nur zwei oder fünf Jahre Zeit hat, braucht man laut Behn nicht darüber nachzudenken, Geld in Aktienfonds oder ETFs anzulegen, weil die Schwankungen in der kurzen Zeit zu hoch sind.
  • Verfügbarkeit: Wie flexibel muss das Geld sein?
  • „Bevor ich anfange für die Altersvorsorge zu sparen, muss ich erstmal schauen, ob ich für die kurzfristigen Ausgaben auch genügend liquide Mittel habe. Also Geld, was mir jederzeit ohne Verluste zur Verfügung steht“, so Behn. Laut ihm empfiehlt sich ein Notgroschen von 3.000 bis 4.000 Euro, der jederzeit verfügbar ist – etwa, wenn plötzlich Auto, Waschmaschine und Spülmaschine gleichzeitig kaputtgehen.
  • Steuern: Gibt es steuerliche Vorteile oder Pflichten?
  • Ethik/Ökologie: Möchte ich nachhaltig investieren?

Wenn man auf diese sechs Fragen Antworten hat, kann der Verbraucher dann das richtige Anlageprodukt auswählen. „Das ist ganz wichtig, dass man das vorher macht und sich nicht einfach von irgendeinem Berater beraten lässt, weil man sonst eventuell zum komplett falschen Produkt greift und dann ein Problem mit dem Punkt Verfügbarkeit oder Zeit hat“, betont Behn. Wenn man dann am Ende der Fragen beim Thema private Altersvorsorge angekommen ist, spaltet sich der Weg in geförderte Altersvorsorge und private Altersvorsorge.

Geförderte Altersvorsorge – was ist das?

Zur geförderten Altersvorsorge zählt die Rieserrente, betriebliche Altersvorsorge und die Basisrente – auch Rürup-Rente genannt. Alle drei Varianten bieten steuerliche Vorteile, lohnen sich aber nicht automatisch für jeden. Besonders bei der Riesterrente rät Behn zur Vorsicht, obwohl sie für manche hilfreich sein kann, weil sie schonmal stattgefundene Rentenkürzungen auffangen soll. „Die Riesterrenten-Produkte neigen eher dazu, teuer zu sein“, erklärt der Experte.

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Auch die betriebliche Altersvorsorge kann sinnvoll sein – vorausgesetzt, man kennt ihre Vor- und Nachteile. „Auf das Produkt, welches mir der Betrieb vorgibt, habe ich als Arbeitnehmer keinen Einfluss“, erklärt Behn. Aber: Als Arbeitnehmer habe ich einen Anspruch auf Entgeltumwandlung. Wer einen Teil seines Bruttogehalts für die Altersvorsorge nutzt, spart zunächst Steuern und Sozialabgaben, genauso wie der Arbeitgeber. „Das führt dazu, dass in das Produkt mehr eingezahlt wird, als mir netto am Gehalt fehlt“, erklärt der Experte weiter. Doch gleichzeitig verringert sich auch der Anspruch auf gesetzliche Rente, Arbeitslosen- oder Krankengeld. Bei einem Jobwechsel kann es außerdem passieren, dass die neue Firma schlechtere Bedingungen bietet. „Die betriebliche Altersvorsorge muss so gut sein, dass sie die Differenz auffängt“, so der Experte.

Die Basis- oder Rürup-Rente wiederum richtet sich vor allem an Selbstständige. Für Angestellte ist sie meist nicht attraktiv. Auch hier gilt: Nachrechnen lohnt sich, pauschale Empfehlungen gibt es nicht.

Private Möglichkeiten

Neben der geförderten Altersvorsorge gibt es eine Vielzahl privater Möglichkeiten. Sparpläne, Versicherungen, Fonds oder ETFs. Die Auswahl ist groß – entscheidend ist, dass die Anlage zum eigenen Bedarf passt. Bei der Auswahl helfe laut Behn der Fragenkatalog, mit den sechs Grundfragen. Bei der nachfolgenden Beratung – etwa vom Bankberater oder Versicherungsvertreter – sollte man immer darauf achten, was für ein Eigeninteresse der Berater hat – ob es tatsächlich ein Berater oder ein Verkäufer ist.

„Gut informiert, kriegt man das auch alleine hin. Als Verbraucher würde ich immer dafür sorgen, dass der, der mir gegenübersitzt, keinen großen Wissensvorsprung hat.“ Wer unsicher ist, sollte sich unabhängig beraten lassen – etwa bei der Verbraucherzentrale. Und wer wissen will, wie hoch die eigenen Rentenansprüche schon sind, sollte unbedingt bei der Deutschen Rentenversicherung nachfragen.

Die wichtigsten Tipps

Ein zentraler Ratschlag des Experten: Immer auf die Kosten achten – also dass die abgeschlossenen Anlageprodukte wirklich kostengünstig sind. „Jeder Cent mehr, den ich an Kosten habe, raubt mir am Ende die Rendite.“


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Außerdem sollte man grundsätzlich Risikoabsicherung und Geldanlage nicht vermischen. Behn warnt besonders vor Kombiprodukten, etwa einer Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitsversicherung. „Wenn ich die Rentenversicherung angreifen muss, weil ich Geld brauche, kann es sein, dass ich die Berufsunfähigkeitsabsicherung gleich mit zerstöre.“ Solche Angebote neigen dazu, teuer zu werden.