Auf dem Papier konnte der traditionelle Thüringer Fleischproduzent Thüfleiwa zwar gerettet werden – faktisch bedeutet die Übernahme für viele Mitarbeiter aber eine krasse Zäsur. Die Produktion verschwindet komplett aus Apolda – eine Stadt, in der sich ohnehin nach dem weitestgehenden Abzug der Textilindustrie ein Leerstand an den nächsten reiht.
Die Bierbrauer kämpfen in Thüringen ums Überleben, vom Porzellanhandwerk ist fast nichts mehr übrig und dass im Freistaat einmal die Glasbläser groß waren, kennen junge Leute fast nur noch aus Geschichtsbüchern. Kommt jetzt vielleicht das nächste traditionelle Handwerk auf die Abschussliste? Oder hätte das Timing für ThüfLeiwa einfach besser sein können?
Thüringen: Übernahme rettet Traditionsmarke
Im luftleeren Raum steht die Insolvenz – und die anschließende Übernahme – jedenfalls nicht. Laut einer aktuellen Analyse der Wirtschaftsauskunftei „Dun & Bradstreet“ sind die Unternehmensinsolvenzen deutschlandweit im ersten Halbjahr 2025 um drei Prozent nach oben gegangen. Die Ursachen dafür sieht die Analyse – grob vereinfacht – in der allgemeine Schwächephase der deutschen Wirtschaft und der Tatsache, dass es schwieriger geworden ist, an Finanzierungsmittel zu gelangen. Gerade mittelständige Unternehmen setzt das unter Druck. Der Apoldaer Standort von Thüfleiwa ist letztlich darunter zerbrochen.
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In der Glockenstadt kam es offenbar zu einem beachtlichen Sanierungsstau. „Der Standort arbeitet aufgrund des baulich-technischen Zustands nicht mehr zeitgemäß und effizient“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch (30. Juli). Deswegen wird er ab dem 31. Oktober dichtgemacht. Thüfleiwa als Marke bleibt zwar erhalten – der neue Eigentümer „EWU Thüringer Wurst und Spezialitäten“ verlegt aber die komplette Produktion nach Serba. Den Mitarbeitern in der Produktion verlieren ihre Jobs. Sie können sich zwar „mit guten Aussichten“ beim neuen Standort bewerben. Eine Übernahmegarantie gab es zunächst aber nicht.
Hat der Mittelstand keine Perspektive mehr?
Die Frage, die vielen jetzt förmlich auf den Lippen brennt: Wäre ein solcher Schritt vielleicht zu verhindern gewesen? Etwa wenn die finanziellen Mittel da gewesen wären, um die Herstellung auf Vordermann zu bringen? Oder hat der Mittelstand in der Fleischherstellung bei den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einfach keine Perspektive mehr?
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Denn wer die Menschen in Apolda und im umliegenden Weimarer Land fragt, wer die beste Bratwurst herstellt, bekommt meistens eine mehr als deutliche Antwort: Thüfleiwa natürlich! Ob sich so ein Enthusiasmus dann auch im Kaufverhalten widerspiegelt, ist aber eine andere Sache. Der Fleischhersteller selbst berichtet jedenfalls von einer allgemeinen Kaufzurückhaltung bei den Kunden. Gleichzeitig schossen die Kosten für viele Rohstoffe in die Höhe. Ein Teufelskreis, der das mittelständische Unternehmen mehr und mehr in die finanzielle Schieflage führte.
Positive Signale aus der Landesregierung
Einer, mit dem sich sicher auch andere Hersteller konfrontiert sehen. Die thüringische Landesregierung sendete zuletzt aber vorsichtig positive Signale aus der Wirtschaft. Laut Wirtschaftsministerin Colette Boos-John würden wieder mehr Unternehmen aus dem Freistaat Mut zu Investitionen fassen. Ein Indikator sei die Nachfrage nach staatlichen Zuschüssen für Projekte, sagte die CDU-Politikerin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Im ersten Halbjahr hätten 45 Unternehmen aus dem Freistaat Finanzspritzen aus dem Bund-Länder-Programm „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ für geplante Investitionen in Höhe von knapp 200 Millionen Euro beantragt. Im Vorjahreszeitraum waren es nur Anträge von 30 Unternehmen mit geplanten Investitionen in Höhe von knapp 30 Millionen Euro.
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Die Ministerin hofft jedenfalls auf ein Comeback der Wirtschaft, das sicher auch vielen mittelständischen Unternehmen Wind in die Segel blasen dürfte. Für einen Blick in die Glaskugel ist es aber noch zu früh. Die meisten Bratwurst-Fans in Thüringen setzen aber alles daran, dass die Fleischerei Holzapfel und Thüfleiwa die Ausnahmen bleiben und nicht noch weitere Traditionsbetriebe folgen werden. (mit dpa)