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Auf dem Zwiebelmarkt: Zwei Stunden aus dem Leben einer Königin

Auf dem Zwiebelmarkt: Zwei Stunden aus dem Leben einer Königin

Zwiebelmarktkönigin Luisa I. in Weimar
Weimars Zwiebelmarktkönigin Luisa I. Foto: dpa

Jedes Jahr wird zum Weimarer Zwiebelmarkt eine Zwiebelmarktkönigin gekrönt. Unsere Autorin hat  mit Luisa I. gesprochen und sie zu einigen Terminen begleitet.

Freitagvormittag, es ist kalt und nieselt. Dutzende Kinder stehen gespannt auf dem Rollplatz vor dem Riesenrad und warten. Dann endlich: Auftritt Luisa Hoyer, der 25. Weimarer Zwiebelmarktkönigin. Natürlich und sympathisch tritt sie auf, eröffnet souverän und strahlend das Riesenrad. Dann fährt auch Ihre Majestät eine Runde mit. Prompt werden Luisa I. sogar wetterbeeinflussende Zauberkräfte zugeschrieben: Kaum sitzt sie in der Gondel, stoppt der Nieselregen und der Himmel hellt sich etwas auf.

Bildergalerie: So schön ist der Zwiebelmarkt in Weimar

Kindheitstraum Zwiebelmarktkönigin

Man merkt der 27-jährigen Mutter an, dass sie gut mit Menschen kann. Etliche Kinder bitten sie um ein gemeinsames Foto. Einige Mädchen beschweren sich bei Luisa: Sie wollen sich auch gerne bewerben, doch dürfe man dies ja erst mit 18 Jahren.

Ich frage sie: Warum hast du dich beworben, Luisa?

„Ich komme ja selber aus Weimar und lebe auch hier. Ich wollte schon länger gerne Zwiebelmarktkönigin werden, aber erst dieses Jahr fühlte ich mich bereit dafür. Zwiebelmarktkönigin bedeutet ja nicht nur, dass ich jetzt auf dem Zwiebelmarkt präsent bin, sondern ich repräsentiere meine Heimatstadt auch nach außen.“

Also auch ein Kindheitstraum?

„Absolut. Wer möchte nicht mal ein Königinnenkleid anhaben, eine Krone auf‘m Kopf und dann alles auch noch nur für mich angefertigt? Das ist schon etwas Besonderes.“

Das königliche Zwiebelkrönchen und Kleid, olivgrün im Barockstil und mit Kunstpelz, begeistern auf dem Weg über den Markt immer wieder die Besucher. Wie viel Mitspracherecht hattest du bei dem Kleid eigentlich, Luisa?

„Ich habe der Designerin relativ freie Hand gelassen und mir nur ein paar kleine Dinge gewünscht. Ich wollte zum Beispiel gerne das Grün haben, weil mir das ganz gut steht und ich diese Herbstfarben aufgreifen wollte. Bei der Barockhüfte war ich am Anfang skeptisch, und finde es jetzt aber total super.“

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„Ich habe hier in Weimar alles, was ich brauche“

Treffen mit dem Oberbürgermeister, zusammen geht es weiter Richtung Markt, zum Anschnitt des Zwiebelkuchens. Auf dem Weg kommen wir nur langsam voran, oft fragen Passanten verzückt nach einem gemeinsamen Foto mit Ihrer Hoheit, und Luisa lächelt souverän in dutzende Kameras. Schnell wird klar: Die Zwiebelmarktkönigin gehört einfach zum Markt dazu.

Und was verbindet Luisa mit Weimar?

„Das klingt immer so ein bisschen lapidar, aber tatsächlich sind es die Menschen. Diese Offenheit, diese Interkulturalität, die vielen Sprachen und Einflüsse. Die Kultur, die man hier wirklich einatmet, wenn man durch die Straßen geht, und die Möglichkeiten, die man hier hat. Ich kann in drei verschiedene Kinos gehen, ich kann am Abend wählen, wo ich gut essen möchte. Ich hab hier einfach alles, was ich brauche. Und das alles ist so wahnsinnig nah, da brauch‘ ich nicht mal Bus und Bahn.“

Hast du einen Lieblingsplatz?

Diplomatisches Lächeln, das sei wirklich schwer zu sagen, Weimar habe viele schöne Ecken. Einen Geheimtipp gibt sie dann doch noch: den kleinen Garten hinter dem Kirms-Krackow-Haus in der Jakobstraße.

„Wenn alle gehen, wer bleibt dann hier?“

Man merkt Luisa die Liebe zu ihrer Heimatstadt wirklich an. Gerade in kleineren Städten ist das aber keine Selbstverständlichkeit mehr, viele junge Leute zieht es in die Großstädte oder ins Ausland. Auch Luisa, die an der Friedrich-Schiller-Universität Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und Erziehungswissenschaften studiert, hat vorher in London und Jena gelebt. Doch sie ist mit ihrer Familie bewusst zurück nach Weimar gekommen.

„Es gibt da ein schönes Lied von Clueso: Wenn alle weggehen, wer bleibt dann hier? Ich glaube, das ist ein guter Punkt. Man sollte auch auf seine Wurzeln schauen. Ich kann nicht erwarten, dass von alleine alles schöner und besser wird, ich muss selbst auch ein Stück weit dazu beitragen.“

Bildergalerie: Eröffnung des Zwiebelmarktes 2016

Ein Amt mit Herausforderungen

Mit ihrer Rolle trägt Luisa auf jedem Fall zum Kulturerhalt in Weimar bei. Noch das ganze Wochenende über ist Luisa I. auf dem Zwiebelmarkt unterwegs, schüttelt Hände, lässt sich fotografieren, übergibt Preise und eröffnet Bühnen. Im Laufe des nächsten Jahres warten dann noch weitere Termine wie der Neujahrsempfang mit dem Oberbürgermeister und die Tourismusmesse in Berlin.

Auch wenn die Zwiebelmarktkönigin hofiert wird und wertvolle Erfahrungen sammelt, gehören doch wohl auch etwas Idealismus und Selbstaufopferung zu diesem Amt, wie wohl bei jeder echten Königin. Die Freude, die die Zwiebelmarktkönigin den Menschen macht, sollte das aber wert sein. „Ich würde mich freuen, wenn sich durch mein Amt dann noch mehr Mädels motiviert fühlen, sich nächstes Jahr zu bewerben.“

Im kommenden Jahr wird dann eine Jury Luisas Nachfolgerin wählen, bewerben kann sich jede volljährige Frau, die Wissen über Weimar, Zwiebeln und den Zwiebelmarkt aufweisen kann und ein charmantes Auftreten hat. Bis dahin hoffen wir, dass Luisa wirklich das Wetter beeinflussen kann, und ein trockener Zwiebelmarkt vor uns liegt.