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Schwule, Lesben, Transgender: Wie offen ist die Thüringer Polizei?

Schwule, Lesben, Transgender: Wie offen ist die Thüringer Polizei?

Polizei und Regenbogenflagge
Foto: Imago / Müller-Stauffenberg

In vielen Bundesländern haben Polizisten unterschiedlicher sexueller Orientierung Mitarbeitergruppen gegründet, um ihre Interessen zu vertreten. In Thüringen gibt es das bislang nicht, obwohl die Landesregierung das ausdrücklich unterstützen würde.

Der offene Umgang mit verschiedenen sexuellen Orientierungen ist nach Einschätzung von Gewerkschaften und Interessensgruppen für die Thüringer Polizei immer noch ein schwieriges Thema. Der Freistaat ist eines von vier Bundesländern, in denen es keine Landesgruppe des Verbands lesbischer und schwuler Polizeibediensteter in Deutschland (VelsPol) gibt. „Wir erklären es uns damit, dass die Situation innerhalb der Thüringer Polizei noch nicht so offen ist, dass sich Kollegen outen“, sagt Thomas Ulmer, Bundesvorsitzender von VelsPol. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland fehlen bisher VelsPol-Verbände bei den Landespolizeien.

Umfrage zur Lage in Thüringen:

Homosexuelle Polizisten in Thüringen melden sich nicht

Ulmer hält es für „völlig unwahrscheinlich“, dass es keine Schwulen, Lesben oder Transsexuelle in Thüringen gebe. Der Thüringer Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Kai Christ, kennt homosexuelle Kollegen. „Als VelsPol vor etwa zwei Jahren seine Bundessitzung in Thüringen abhielt, hatten wir intensiv dafür geworben. Trotzdem kam nicht ein einziger Thüringer Kollege“, erzählt Christ. Im Anschluss habe er versucht, danach zu fragen, ob es Probleme gebe, aber nie eine Antwort erhalten. „Ich bin überzeugt, dass nicht ausgerechnet die Thüringer Polizei frei von Problemen im Umgang mit Schwulen, Lesben oder Transgender-Kollegen ist“, sagt Christ.

Gruppen für Homosexuelle in Polizei möglich

Im Thüringer Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt ist als Ziel formuliert, das Wissen bei Polizisten um die Belange von beispielsweise Homosexuellen in der Fort- und Ausbildung zu vertiefen. Zu den dort angeführten Maßnahmen gehört auch die Unterstützung bei der Gründung von Mitarbeitendengruppen bei der Thüringer Polizei, zum Beispiel „im Rahmen des bereits bestehenden Bundesverbandes VelsPol“, wie es im Landesprogramm heißt.

Keine Probleme mit sexueller Orientierung in Thüringer Polizei?

Patrick Martin, Sprecher der Landespolizeidirektion, betont, dass die sexuelle Orientierung keine Rolle für den Dienst spielen sollte. „Die Kollegen, die ich kenne, gehen ganz offen damit um“, sagt der Sprecher. Es gebe auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften innerhalb der Polizei. Für die Thüringer Polizei gebe es eine Gleichstellungsbeauftragte, an die sich Kollegen wenden könnten. „Jede Dienststelle hat dazu noch Gleichstellungsvertreter“, sagt Martin. Dass es der Thüringer Polizei an Offenheit mangele, sehe er nicht.

Vorurteile gegen Homosexuelle

Ulmers Ansicht nach gehen vor allem jüngere Kollegen sehr viel offener mit schwulen, lesbischen oder Transgender-Kollegen um. „Doch dann kommen sie auf die Dienststellen und dort treffen sie bei älteren Kollegen auf Vorurteile“, erklärt der VelsPol-Bundesvorsitzende. Thomas Helbing von der Stabsstelle Extremismusprävention bei der Thüringer Polizei sagt, dass es immer noch Vorurteile und teils „kindisches Verhalten“ gebe. „Hinter dem Rücken von Kollegen werden Homosexuelle nachgeäfft oder eine nasale Aussprache imitiert“, sagt der Polizist. Homosexualität würden teils noch belächelt.

Gegen die Abschottung zwischen Polizisten

Nach Ulmers Meinung ist es wichtig, dass Signale vom jeweiligen Innenministerium ausgingen, „dass es eine offene Polizei gibt“, sagt er. Sein Verein VelsPol setze sich für eine tolerante und diverse Polizei ein, „die sich nicht von bestimmten Menschengruppen abschottet“. Diskriminierung von Kollegen wegen ihrer sexuellen Orientierung beginne bei subtilen Äußerungen. Auch Ausgrenzung und Mobbing komme vor – etwa wenn ausgerechnet dem schwulen Kollegen nicht Bescheid gesagt wird, dass man nach Feierabend noch ein Bier trinken geht. „Dann muss der Vorgesetzte reagieren“, sagt Ulmer.