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Erfurt: Neonazis ziehen in Büro ein – und müssen direkt wieder packen

Erfurt: Neonazis ziehen in Büro ein – und müssen direkt wieder packen

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© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Bodo Schackow

Verschwörungstheorien - warum sie in Krisen so viele Menschen anziehen

5G-Netze, Bill Gates, ein Laborunfall in Wuhan: Um den Ursprung von Covid-19 ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien. Für Experten ist das keine Überraschung. In Krisen geben sie einigen Menschen demnach zumindest ein Gefühl von Kontrolle zurück.

Erfurt. 

So haben sich das die Mitglieder der rechtsextremen Partei „Neue Stärke“ sicher nicht vorgestellt: Gerade erst haben sie ihre neue Bundesgeschäftsstelle in Erfurt bezogen – jetzt können sie praktisch schon wieder die Koffer packen.

Darüber berichtete zuerst der „MDR-Thüringen“. Jetzt äußerte sich auch die Partei selbst zu den Geschehnissen in Erfurt.

Erfurt: Neonazi-Partei bezieht Bundesgeschäftsstelle – und muss sofort wieder die Koffer packen

Laut dem Bericht des Senders hat der Eigentümer des Bürohauses – Frank Orschler – der Partei gekündigt. Der Grund: Ihm war nach eigener Darstellung nicht bekannt, welche Organisation sich eingemietet habe. Orschler ist Chef der Königsee Implantate GmbH.

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Politisch motivierte Kriminalität in Thüringen:

  • Im Freistaat wurden im Jahr 2020 insgesamt 2.095 Fälle von politisch motivierter Kriminalität festgestellt
  • 2019 waren es noch knapp 2.500 – etwa 16 Prozent mehr
  • Etwa 1.300 der 2020 registrierten Fälle werden dem rechten Spektrum zugeordnet
  • Mehr als 400 Fälle ordnet das Innenministerium dem linken Spektrum zu

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Seiner Darstellung nach wurde der Mietvertrag über eine persönliche Bekanntschaft einer Mitarbeiterin eingeleitet. Von der politischen Einstellung der Partei „Neue Stärke“ will er nichts gewusst haben. Solche Menschen hätten in seiner Immobilie nichts zu suchen, zitiert der „MDR-Thüringen“ den Vermieter.

Erfurt: Neonazi-Partei wehrt sich gegen die mediale Berichterstattung

Die rechtsextreme Splitterpartei stellt die Angelegenheit etwas anders dar. „Von vorn herein haben wir mit offenen Karten gespielt“, ist auf der Webseite des Vereins zu lesen. Vorab will man sogar die Parteisatzung eingereicht haben. Man wolle mit dem Vermieter alles „auf Augenhöhe kommuniziert“ haben.

Diese Darstellung konnte Orschler im Gespräch mit Thüringen24 nicht bestätigen. „Ich habe mit keinem der Herren jemals persönlich gesprochen“, sagte er. „Ich kenne keinen von denen.“

Vermieter aus Erfurt: „Das muss ich mir vorwerfen“

Ein Kontakt sei nur über die Hausverwaltung zustande gekommen. Orschler habe lediglich irgendwann den Mietvertrag vorgelegt bekommen. „Und das muss ich mir vorwerfen: Ich habe ihn nicht noch einmal geprüft“, so der Unternehmer weiter.

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Trotz der Kündigung kann die Neonazi-Partei erst einmal im Gebäude bleiben. Der Mietvertrag läuft ab dem 1. April – und die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, berichtet der „MDR-Thüringen“.

Die „Neue Stärke Partei“ gilt als Sammelbecken von Neonazis, ehemalige Mitglieder des „Dritten Weges“ und der NPD. Mitte 2020 entstand sie aus dem Verein „Volksgemeinschaft“. (bp)