Veröffentlicht inErfurt

Kaum hängen die Kameras am Anger in Erfurt – schon hagelt es Kritik

Einen Haufen Steuergelder für nichts? Das sagen jedenfalls die einen – für die anderen gibt es dagegen diesen triftigen Grund.

erfurt
© Imago / Eibner

Was du über die Stadt Erfurt wissen solltest

In diesem Video stellen wir dir die thüringische Hauptstadt vor.

Die Diskussionen um die Videoüberwachung am Erfurter Anger sorgen für erhitzte Gemüter. Die Fronten sind gesetzt, die Meinungen prallen aufeinander, die Fetzen fliegen.

Auf der einen Seite stehen die Verteidiger, die in der Maßnahme einen notwendigen Schritt für die Sicherheit auf dem zentralen Platz in der Erfurter Innenstadt sehen. Auf der anderen Seite stehen neben einer möglichen Verschwendung von Steuergeldern noch ganz andere Vorwürfe im Raum.

Erfurt: Mehrere hunderttausend Euro

Die Forderungen nach Videoüberwachungskameras am Erfurter Anger wurden jüngst immer lauter. Nun ließ die Linke-Fraktion im Landtag die Finanzierungsbombe platzen: Das Überwachungssystem soll den Steuerzahler laut der Fraktion Hunderttausende Euros kosten – genauer gesagt 720.000! In Betrieb sollten die Kameras eigentlich am Montag (14. Juli) gehen. Doch das hat sich nun nach hinten verschoben (>>HIER<< mehr dazu).

+++ Verletzungsgefahr! Die Stadt Erfurt sieht sich gezwungen, am Anger zu handeln +++

Die Linksfraktion sehe in den Kameras eine „völlig überteuerte Maßnahme“, erklärt sie gegenüber der „Thüringer Allgemeine“ und wetterte in einer offiziellen Erklärung: „Zehntausende Menschen werden ohne Anlass überwacht.“ Karolina Stange, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, macht darauf aufmerksam, „dass der direkte Kontakt von Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort Konflikte besser als es Kameras je könnten löst“. Kameras würden Angsträume suggerieren und scheinbare Sicherheit vermitteln, aber keine wirkliche Sicherheit schaffen.

Katharina König-Preuss von der Linken wirft der Regierung Täuschung, Chaos und Grundrechtseinschränkungen vor. Obwohl der Innenminister im Landtag angab, keine KI-Überwachung zu planen, sollen interne Dokumente das Gegenteil belegen. Es wurden sogar teure Kameras mit KI-Funktion gekauft, deren Einsatz in Thüringen illegal wäre. „Dieses Hin und Her, das Verstecken, Verschweigen und Verwässern ist nicht nur ein politischer Offenbarungseid, es ist dilettantisch“, so die Sprecherin. Sie fordert, dass das Projekt sofort gestoppt werden soll.

Die SPD schweigt bisher

Die CDU sieht das offenbar komplett anders und erklärt in einer Pressemitteilung: „Der Erfurter Anger ist einer der öffentlichen Plätze Thüringens mit der höchsten Kriminalitätsrate“. Über 1.000 Straftaten habe es dort im letzten Jahr gegeben. Die Kameras seien laut der Partei also durchaus ein legitimes Mittel, um die Sicherheit der Erfurter Bürger zu gewährleisten. Laut CDU handelt es sich nicht um Geldverschwendung, sondern um eine „verantwortungsvolle Investition“.


Mehr News:


Der sicherheitspolitische Sprecher des BSW, Sven Küntzel, spricht sich dafür aus, Videoüberwachung am Erfurter Anger nur gezielt und mit Augenmaß einzusetzen, nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu sichtbarer Polizeipräsenz, Präventionsmaßnahmen, Integration und sozialer Arbeit. Videoüberwachung könne punktuell nützlich sein, biete allerdings keine nachhaltige Lösung für Sicherheitsprobleme. Ein Sicherheitsgefühl entstehe nur dann, wenn klar ist, dass im Ernstfall ein Mensch Hilfe leistet. „Videoüberwachung kann an einzelnen kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Anger sinnvoll sein, muss aber stets verhältnismäßig, transparent und in ein wirksames Maßnahmenbündel eingebunden sein“, erklärt das BSW. (mit dpa)