Konzerte ziehen Menschenmassen an – das ist klar. So zog es auch Zehntausende zu den Auftritten von Sido, Clueso, Andreas Gabalier und Roland Kaiser auf den Domplatz in Erfurt. Thüringen24 war bei drei von vier Konzerten vor Ort.
Was unsere Reporterin bei Roland Kaiser erlebt hat, beunruhigte sie zutiefst. Während die Stimmung auf der einen Seite ausgelassen war, benahm sich das Erfurter Publikum teilweise unter aller Sau. Ein Kommentar.
Roland Kaiser bringt Erfurter Domplatz zum Platzen
Der Besuch von Konzerten gehört zum Reporter-Alltag dazu. In der Regel läuft das wie folgt ab: Die Presse versammelt sich vor dem Konzert an einem Punkt, wird von der Security für Fotos in den Graben (freie Fläche direkt vor der Bühne) gebracht, schießt dort während der ersten Lieder Bilder und nimmt dann auf einem Sitzplatz auf der Tribüne Platz. Die größte Herausforderung besteht allerdings nicht dabei, bei den teilweise sehr agilen Künstlern im richtigen Moment ein Foto zu schießen, sondern durch die Menschenmassen auf den zugeteilten Sitzplatz zu kommen. Mit den Jahren lernt man, sich geschickt durch die Fans zu schlängeln. Doch all diese Erfahrung brachte beim Konzert von Roland Kaiser in Erfurt rein gar nichts. Der Weg von der Bühne bis zur Tribüne war kein Slalomlauf, er glich einem Überlebenskampf.
+++ Andreas Gabalier rockt den Erfurter Domplatz — doch mit Clueso kann er nicht mithalten +++
Der Domplatz ist in aller Regel bei den Konzerten der „Sommer-Arena“ voll – doch das Szenario bei Roland Kaiser schlug dem Fass den Boden aus. Während sich die Menschenmassen bei Clueso und Andreas Gabalier im hinteren Teil und an den Seiten deutlich lichteten, platzte die Fläche bei Roland Kaiser am Samstag (12. Juli) aus allen Nähten. Die Leute standen dicht an dicht bis zu den Tribünen, Fressbuden und Bars heran. Es war so eng, dass nicht einmal jemand hätte umfallen können. Die Stimmung hätte nicht konträrer sein können. Freude und (soweit bei dem Platz möglich) Schunkeln auf der einen Seite, aggressives, schlecht gelauntes Verhalten auf der anderen Seite.

Mir ging die Düse
Klar, es ist nicht schön, wenn sich andauernd jemand an einem vorbei drückt – aber direkt beleidigt und teilweise geschubst werden? Geht’s noch? Ich konnte froh sein, dass die Massen so eng standen und ich nur ein bisschen gegen einen weiteren Fan gestolpert bin, von dem dann natürlich auch ein dummer Kommentar kam. In diesem Moment ist mir wirklich Angst und Bange geworden. Verständnis und Rücksichtsame? Fehlanzeige. Zumal ich ja nicht auf dem Weg Richtung Bühne war, um irgendwem die Sicht zu versperren – das Gegenteil war der Fall.
Ziemlich lädiert erreichte ich nach rund 10 Minuten Kampf meinen Sitzplatz und konnte das ganze Ausmaß nun „von oben“ erkennen. Ich glaube, ich habe bei keinem Konzert den Domplatz so voll gesehen. Weder Clueso noch Andreas Gabalier konnten mit der Anzahl an stehenden Fans mithalten, die Roland Kaiser anzog. Ich muss gestehen, dass mir in diesem Moment sprichwörtlich die Düse ging. Wenn zu diesem Zeitpunkt eine Massenpanik ausgebrochen wäre – man möchte sich das Szenario gar nicht ausmalen.
Zu viel toxische Männlichkeit bei Roland Kaiser in Erfurt
Dass sich die Menschen in Erfurt an dem besagten Samstag daneben benommen haben, wird zudem an zwei weiteren Vorfällen deutlich: Die toxische Männlichkeit, die an diesem Abend unterwegs war, lies mich nur müde mit dem Kopf schütteln. Bereits auf dem Weg zum Eingang meinte ein Mann fortgeschrittenen Alters mein Aussehen zu kommentieren: „Schau dir an, wie die sich wieder extra aufbrezeln.“ Den Konter „Klar, dass man bei deinem Aussehen alles andere als ‚Aufbrezeln‘ versteht“, habe ich mir gerade so verkneifen können. Wir schreiben das Jahr 2025 und immer noch nehmen sich wildfremde Männer das Recht heraus, Frauen und ihr Aussehen beziehungsweise ihren Körper ungefragt zu kommentieren.
Dass Frauen in der heutigen Zeit immer noch wenig Platz zusteht, wurde mir dann auch auf der Tribüne mal wieder deutlich bewusst. Der Mann neben mir gestikulierte so wild, dass ich teilweise sitzen geblieben bin, während alle standen, damit mir keine Faust im Gesicht landet. Natürlich soll jeder die Stimmung auf einem Konzert genießen können, aber die Freiheit eines Menschen endet nun einmal da, wo sie die Freiheit eines anderen einschränkt. Und wenn man so wild gestikuliert, dass die Person neben einen in Mitleidenschaft gezogen wird, hat das Ganze meiner Meinung nach Grenzen. Nachdem sich die beiden Damen neben mir, frühzeitig vom Roland-Kaiser-Konzert verabschiedeten, rückte mir dann ein weiteres männliches Wesen auf die Pelle. Nunmehr waren vier Sitzplätze frei, statt sich auf eben der Fläche (vor den Stühlen) zu bewegen, wurden mir nun auch von der anderen Seite Hände vors Gesicht geworfen.
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Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Stimmung bei Roland Kaiser in Erfurt war phänomenal und es hat Spaß gemacht zu sehen, wie alle bei den Hits „Warum hast du nicht nein gesagt“, „Joana“ und „Sieben Fässer Wein“ abgegangen sind. Es ist beachtlich, wie die Musik der Schlager-Ikone immer noch so viele Fans in ihren Bann zieht – umso konträrer, dass die Zwischenmenschlichkeit dabei an diesem Abend in Erfurt ganz schön auf der Strecke geblieben ist.