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Nach Tierversuch-Razzia am Leibniz-Institut Jena: Druck auf Spitze wächst

Nach Tierversuch-Razzia am Leibniz-Institut Jena: Druck auf Spitze wächst

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In einem Labor des Instituts für Allgemeine Zoologie und Tierphysiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird eine Labormaus für einen Versuch vorbereitet. Foto: Jan-Peter Kasper/dpa

Das Leibniz-Institut für Alternsforschung in Jena hat zuletzt gehäuft für Negativschlagzeilen gesorgt. Ein Wechsel an der Spitze des Instituts blieb aber aus – doch der Druck wächst.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft dringt auf einen Führungswechsel am Institut für Alternsforschung (FLI) in Jena. „Das Aufsichtsgremium muss Wege finden, um die Führungskrise am FLI schnellstmöglich zu überwinden“, heißt es in einer Stellungnahme vom Mittwoch. Aufgabe einer „neuen und unbelasteten Führung“ müsse es sein, das Leibniz-Institut zu reformieren.

Anders als die ebenfalls drei evaluierten Einrichtungen in Hamburg, Braunschweig und Mainz spricht sich der Senat bei dem Jenaer Institut zunächst nur für eine weitere Förderung von drei statt sieben Jahren aus. Dann sollen externe Fachleute die Einrichtung erneut unter die Lupe nehmen.

Tierversuche, fahrlässiges Fehlverhalten – Harte Kritik am Leibniz Institut

Das Institut steht in der Kritik, weil dort bei Tierversuchen massiv gegen den Tierschutz verstoßen worden sein soll. Deswegen waren Versuchsreihen gestoppt worden und ermittelt die Staatsanwaltschaft Gera. Mitte Juni hatte zudem das Präsidium der Leibniz-Gemeinschaft Direktor Karl Lenhard Rudolph wegen „grob fahrlässigen wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ gerügt. Ihm wurden den Angaben zufolge falsche Darstellung von Daten, ungenügende Datendokumentation und Verletzung der Aufsichtspflicht attestiert. Der Stammzellforscher ist seit 2012 wissenschaftlicher Direktor des Instituts.

Institut will Konsequenzen ziehen

„Wir nehmen die Auflagen der Leibniz-Gemeinschaft ernst“, erklärte der wissenschaftliche Interimsdirektor Matthias Platzer in Jena. Mit Hilfe interner und externer Experten sollen „in den kommenden Monaten Konsequenzen aus den Vorwürfen gezogen werden.“ Ziel sei, die geforderte Umstrukturierung innerhalb der drei Jahre zu bewältigen. In der Mitteilung des Jenaer Instituts ist von strukturellen Schwächen und einer Krisensituation die Rede. Positiv bewertet wird, dass Sondermittel zum Aufbau einer neuen Forschungseinrichtung vom Senat der Leibniz-Gemeinschaft befürwortet würden.

Exzellente Leistungen überschattet

Das Jenaer Leibniz-Institut, an dem nach eigenen Angaben 330 Mitarbeiter aus 30 Ländern forschen, untersucht die molekularen Mechanismen des Alterns und altersbedingter Krankheiten. Es besteht seit 2004. In seiner Stellungnahme würdigte der Senat der Leibniz-Gemeinschaft, dass an dem Jenaer Institut seit der letzten Evaluation 2008 „vielfältige sehr gute, teilweise sogar exzellente Leistungen erbracht wurden“. Getrübt werde die Bilanz aber durch Rudolphs Fehlverhalten und die Vorwürfe wegen Verstößen gegen den Tierschutz.

Die Stellungnahme des Senats ist Grundlage für die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern, die über die Förderung solcher außeruniversitären Forschungsstätten entscheidet. Evaluiert wurden außer dem FLI jüngst auch die Leibniz-Institute für Tropenmedizin in Hamburg, für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig und für Europäische Geschichte in Mainz. Ihnen wurde eine weitere Förderung für volle sieben Jahre empfohlen.