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Jena: Historische Schätze müssen die Stadt verlassen – das steckt dahinter

Jena: Historische Schätze müssen die Stadt verlassen – das steckt dahinter

Hawaiianische Veranstaltung Uni Jena
Herzzerreisende Veranstaltung: Die Universität Jena übergab ihre historischen Schätze an besondere Gäste. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt

Jena. 

Diese herzzerreißende Szene berührt viele Menschen aus Jena. Bei einer festlichen Übergabe verabschiedet sich die Universität Jena von ihren historischen Schätzen.

Ihnen steht jetzt eine lange Reise bevor – und dafür empfing Jena besondere Gäste.

Universität Jena übergibt Schädelknochen an hawaiianische Gäste

Im Zuge der Aufarbeitung des kolonialen Erbes in Thüringen sind an der Universität Jena aus Hawaii stammende Gebeine zurückgegeben worden. Sichtlich bewegt nahm eine Delegation aus dem US-Bundesstaat ihre Ahnen bei einer feierlichen Zeremonie in der Universität entgegen. „Das ist der wichtigste Schritt zur Heilung“, sagte Mana Kamoali’i Caceres von der Delegation des Office of Hawaiian Affairs. Es sei aber nicht der letzte Schritt.

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Der Jenaer Evolutionsforscher Ernst Haeckel hatte die Gebeine 1860 auf einer Reise nach Messina auf Sizilien vom Arzt Edmund von Bartels geschenkt bekommen und mit nach Jena genommen. Wie sie in den Besitz von Bartels kamen, blieb unklar. Es bestehe jedoch kein Zweifel daran, dass sie während der Kolonialzeit von den Europäern illegal aus Hawaii entführt wurden, hieß es von der Universität.

Thüringens Kulturstaatssekretärin Tina Beer bat die Vertreter aus Hawaii um Verzeihung. Uni-Präsident Walter Rosenthal sagte: „Die Rückkehr der iwi kūpuna in ihre Heimat kann dieses historische Unrecht nicht ungeschehen machen, aber sie kann ein erster Schritt sein, es zu heilen.“ iwi kūpuna bedeutet in der Sprache der indigenen Bevölkerung „Gebeine der Ahnen“.

Uni Jena fordert mehr Forschung für koloniale Objekte

Die Historikerin Kim Siebenhüner von der Uni Jena sagte: „In Thüringen steht die Erforschung des kolonialen Erbes am Anfang.“ So wurden etwa an den Universitäten Erfurt und Jena sowie beim Thüringer Museumsverband kürzlich entsprechende Koordinierungsstellen geschaffen. An der Uni Jena wurde die Arbeitsgruppe „Koloniales Erbe und antirassistische Bildung“ gegründet. Auch Beer betonte, dass die Forschung zur kolonialen Vergangenheit erst in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen habe. „Es gibt noch viel zu tun.“ Das betreffe nicht nur die Metropolen.

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In Thüringen gibt es noch keinen Überblick, wie viele Objekte mit Kolonialvergangenheit überhaupt in den Beständen schlummern. Hier wollen die Koordinationsstellen ansetzen. Der Museumsverband wertet hierzu aktuell eine Umfrage unter rund zehn Prozent der Museen im Land aus. Ergebnisse sollen Anfang April auf einer Tagung vorgestellt werden.

Dabei gehe es neben Objekten oder menschlichen Überresten mit Kolonialvergangenheit auch um NS-Raubkunst oder Stücke aus der DDR-Zeit. Während zu Objekten aus der NS-Zeit bereits mehr geforscht worden sei, habe es gerade für Forschung zu kolonialer Herkunft bisher kaum Förderungen gegeben.