Depressionen haben viele Gesichter. Das macht nun der Fall Wolfgang Grupp einmal mehr klar. Der Gründer des Unternehmens Trigema ging vor wenigen Tagen mit einem Brief an die Öffentlichkeit. Darin gestand er seinen Suizidversuch infolge einer angeblichen Altersdepression (diese Redaktion berichtete).
Doch gibt es wirklich so etwas wie Altersdepression? Und welche Warnzeichen gibt es für Betroffene und das Umfeld? Wir haben mit Experte Dr. Tilman Fey, Chefarzt der Abteilung für Gerontopsychologie der LWL-Klinik Münster, über das Thema gesprochen – mit überraschenden Erkenntnissen.
Fall Grupp macht auf sensibles Thema aufmerksam
„Darüber sprechen tun die wenigsten“, macht Dr. Fey direkt zu Anfang des Gesprächs klar. Noch immer werde dem Thema mit großer Scheu begegnet, dabei sei es heutzutage umso wichtiger, offen darüber zu reden und die Scham von Betroffenen aufzulösen. Gerade jüngere Generationen würden das bereits tun.
Mit dem Begriff „Altersdepression“ könnten Experten per se aber relativ wenig anfangen; dieser sei missverständlich. „Altersdepression suggeriert ja, dass die Depression zum Alter dazu gehört. Ich finde das ein bisschen riskant“, so der Chefarzt. „Depression ist eine Erkrankung, die losgelöst vom Alter gesehen wird und im Alter in einer etwas anderen Form auftritt.“ Demnach würden Depressionen im Alter organischer werden, das heißt, Betroffene klagen häufiger über Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen. „Deswegen wird die Depression älterer Menschen häufig nicht rechtzeitig erkannt oder nicht als Depression erkannt.“
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Hinzu komme, dass ältere Menschen nach wie vor eher Schwierigkeiten haben, sich über ihre Gefühle zu äußern. „Vor allem die Nachkriegsgeneration tickt da anders“, so der LWL-Facharzt. Im Fall Wolfgang Grupp könnte man eventuell die Folgen der Berentung sehen, die bei vielen älteren Menschen, die sich nicht ausreichend auf ihren Ruhestand vorbereiten, häufig mit einem Vakuum einhergeht. „Dann fehlen eben ein deutlicher Lebensinhalt und viele Menschen, die sich nicht gut drauf vorbereiten, entwickeln daraufhin auch durchaus häufiger depressive Symptome und das kann dann auch am Ende in einer schweren Depression münden.“ Für ein abschließendes Urteil fehlten dem Experten allerdings die medizinischen Hintergründe des Trigema-Gründers.
DAS können Betroffene und das Umfeld tun
Während jüngere Menschen häufiger Suizidversuche unternehmen, sind es laut Einschätzung der Experten vor allem ältere Männer, die einen Selbstmord vollziehen. Das zunehmende Alter, Sucht, Altersarmut oder die Vereinsamung seien begünstigende Faktoren. Elf Prozent der über 80-Jährigen leiden laut aktuellen Zahlen des RKI an einer Depression. Noch höher fällt sie nur bei den 18- bis 19-Jährigen mit über 19 Prozent aus. Gut 15 Prozent der Frauen und 13 Prozent der Männer erkranken im Verlauf ihres Lebens an einer Depression. Experten gehen allerdings von einer großen Dunkelziffer aus.
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Ein erstes Warnzeichen sei bei älteren Menschen eine deutliche Veränderung im Verhalten. Betroffene würden häufiger wortkarg und ziehen sich zurück. „Es kann jeden erwischen“, warnt auch der Experte. Eine „Exit-Strategie“ sei dann der Suizid oder Suizid-Versuch. Deshalb sei es umso wichtiger, sie wieder sozial einzubinden, die möglicherweise betroffene Person anzusprechen, auch direkt, ob sie sich etwas antun will. „Der Appell lautet: Hilfe holen, aufmerksam in der Umwelt sein, seine Mitmenschen gut zu beobachten. Damit können wir viel erreichen“, so Dr. Tilman Fey.
„Es gibt inzwischen so gute und differenzierte Behandlungsmöglichkeiten, ambulant, psychotherapeutisch, medikamentös. Das Ausprobieren und Zugehen, möglichst Scheu überwinden, das ist essenziell, dann können wir vielleicht einen großen Teil von Menschen davor schützen, sich letztlich doch etwas anzutun.“
u003cpu003eu003cemu003eWer unter Depressionen leidet oder jemanden kennt, der daran leidet, kann sich beim u0022Info-Telefon Depressionu003c/emu003eu0022 u003cemu003ehelfen lassen. Die Hotline ist erreichbar unter der kostenlosen Telefonnummer 0800/33 44 533u003c/emu003e (Mo / Di / Do 13-17 Uhr, Mi / Fr 8.30-12.30 Uhru003cemu003e). Weitere Infos und Hilfsangebote bietet die Deutsche Depressionshilfe im Internet auf u003c/emu003eu003ca rel=u0022noreferrer noopeneru0022 href=u0022https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfeu0022 target=u0022_blanku0022u003eu003cemu003ehttps://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfeu003c/emu003eu003c/au003eu003c/pu003e
u003cpu003eu003cemu003eZum Schutz der betroffenen Familien berichten wir normalerweise nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.u003c/emu003eu003c/pu003eu003cpu003eu003cemu003eWer unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leidet oder jemanden kennt, der daran leidet, kann sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie ist erreichbar unter der Telefonnummer 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf u003c/emu003eu003ca href=u0022https://eur02.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2F%2Fwww.telefonseelsorge.de%2Fu0026amp;data=05%7C01%7CJasmin.Seitz%40funkemedien.de%7C665a357999f14c89aafe08da9494101b%7C23db520766134b9987ed0998fcf9e578%7C0%7C0%7C637985660883493618%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C3000%7C%7C%7Cu0026amp;sdata=eLUkcl91DOD4xxLgwSYSKo%2FIhiFiSJ%2BdssJMMLOVJgQ%3Du0026amp;reserved=0u0022u003eu003cemu003ewww.telefonseelsorge.deu003c/emu003eu003c/au003eu003cemu003e. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.u003c/emu003eu003c/pu003e