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Nur kleiner harter Kern pro Putin: „Dreiteilung der russischen Gesellschaft“

Bei der Präsidentschaftswahl 2018 kam Wladimir Putin laut offiziellen Angaben auf 76,7 Prozent. In diesem Jahr wird ein noch höheres Ergebnis erwartet. Doch entspricht das der wahren Stimmungslage im Volk, wonach praktisch alle hinter dem Kreml-Herrscher und seinem Krieg in der Ukraine stehen?+++ Lesenswert: Das plant Putin in Wahrheit in der Ukraine – Kreml sendet […]

Wie groß ist die Unterstützung für Putin wirklich?
© IMAGO/ZUMA Wire

Putin: Westliche Truppen würden in der Ukraine "nichts ändern"

Der russische Präsident Wladimir Putin hat auf die Debatte um den Einsatz von Soldaten westlicher Verbündeter in der Ukraine reagiert. "Offizielle Militärkontingente" ausländischer Staaten würde "die Situation auf dem Schlachtfeld nicht verändern", betonte er - "genauso wie Waffenlieferungen nichts ändern".

Bei der Präsidentschaftswahl 2018 kam Wladimir Putin laut offiziellen Angaben auf 76,7 Prozent. In diesem Jahr wird ein noch höheres Ergebnis erwartet. Doch entspricht das der wahren Stimmungslage im Volk, wonach praktisch alle hinter dem Kreml-Herrscher und seinem Krieg in der Ukraine stehen?

+++ Lesenswert: Das plant Putin in Wahrheit in der Ukraine – Kreml sendet Signale nach Kiew +++

Putin beschwört die Einheit der Volksgemeinschaft, die Umstellung auf Kriegswirtschaft. Doch in Wirklichkeit halten viele wohl einfach nur die Füße still.

Russland vor der Wahl: Viele haben Angst vor dem Putin-Regime

Margarita Sawadskaja, Dozentin am Institut für Internationale Angelegenheiten in Helsinki analysiert die Lage. Es gibt aus Sicht der Politikwissenschaftlerin „eine Dreiteilung der russischen Gesellschaft“.

Im Podcast „Hintergrund“ vom Deutschlandfunk zu den Wahlen in Russland sagt Sawadskaja: „Da ist der harter Kern der Putin-Anhänger, der auch uneingeschränkt den Krieg in der Ukraine unterstützt. Das sind je nach Erhebung bis zu 25 Prozent. Weitere 25 Prozent der Russinnnen und Russen sind entschieden gegen den Krieg und gegen das Regime. Und dann gibt es noch 50 Prozent der Befragten, die keine klare Meinung haben, die Angst haben etwas gegen Putin zu sagen.“

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Wenn es also laut offiziellen Umfragen heißt, 80 Prozent seien pro Putin eingestellt, „dann wegen dieser Konformisten, die einfach keine Probleme wollen“, so die Expertin im Deutschlandfunk.

Zustimmung für den Krieg auf dem Land ist deutlich größer

Während die Mittelschicht in den Metropolen zumeist gegen Putin eingestellt ist, aber politisch passiv bleibt, sieht die Lage bei Menschen auf dem Land anders aus. Dort profitieren viele von den Prämien, die sie für die Söhne und Ehemänner an der Front erhalten. Durch das Geld können sich die Menschen auf dem Land deutlich mehr leisten – dabei ist der Blutzolll aber extrem.

Blutzoll der Soldaten für Putins Kriegsziele

Nach neuesten Einschätzungen der NATO gibt es schon mehr als 350.000 Russen, die an der Front getötet oder verwundet wurden. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg meint, das Land zahle einen sehr hohen Preis für marginale Geländegewinne.

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Eine andere Perspektive auf die tatsächliche Stimmungslage in Russland vor der sicheren Wiederwahl von Putin gibt das arte-Magazin „Track East“. In der neuesten Ausgabe geht es in einem Beitrag auch um die Frauen von Mobilisierten.

Eine davon ist Maria Andreeva. Die junge Frau schildert, dass ihr Ehemann und Vater ihrer Tochter an der Front ist, obwohl zunächst nur angedeutet wurde, dass die Mobilisierten nur „in der zweiten oder dritten Verteidigungslinie eingesetzt werden“. Niemand habe vorher gesagt, dass diese Einberufenen zu Angriffstrupps gehören.

Andreeva engagiert sich in der Initiative „Der Weg nach Hause“, die durchsetzen will, dass die mobilisierten Zivilisten aus dem Krieg zurückkehren können. Sie erlebt staatliche Repression, auch die Polizei sei schon bei ihr gewesen.


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Dennoch ließ sie sich nun von arte bei ihrem Einsatz filmen. Das Magazin zeigte auch Statements anderer Soldatenfrauen. „Unsere Soldaten sind körperlich verwundet und moralisch erschöpft. Unsere Männer sind keine Zielscheiben für Drohnen“, klagt eine der verzweifelten Frauen. Eine andere sagt, offenbar an Putin gerichtet: „Das ist unerträglich, seine Kinder brauchen ihn. Ich flehe Sie an, lassen sie meinen Mann am Leben.“