Veröffentlicht inThüringen

Thüringen: Skurril, jung, anders – Ex-Fitnesscoach sorgt als Bestatter für Furore

Ein Thüringer wagt den Schritt vom Fitnesscoach in die Selbstständigkeit – als Bestatter. Sein Konzept ist ungewöhnlich.

thueringen
© Redaktion / Benjamin Ruthardt

Thüringer Wald - diese Hotspots solltest du kennen

Es ist ein ruhiges Plätzchen mitten im Thüringer Wald, fernab vom Stadtlärm, von jaulenden Motoren und der Hektik des Alltags. Hier rauscht allerhöchstens der Wind durch das Blätterwerk der Kiefern und Buchen. Ein Ort, um zur Ruhe zu kommen. Auch zur letzten.

Genau hier im Ruheforst Geratal wartet Jeremy Reise auf unseren Thüringen24-Reporter. In grünem Anzug, vor einem Traueraltar, den er und sein Vater zusammen liebevoll dekoriert haben. Anfang des Jahres hat er sich mit seinem Bestattungsunternehmen der anderen Art selbstständig gemacht. Im Gespräch mit unserer Redaktion verrät er, wie es ihn vom Fitnesscoach in die Bestattungsbranche verschlagen hat – und wieso er vieles anders machen möchte als seine Kollegen.

Thüringer wagt den Weg in die Selbstständigkeit

„Vom Ursprung bin ich eigentlich dual studierter Fitness-Ökonom“, lacht Reise im Thüringen24-Gespräch. „Das habe ich damals im Raum Stuttgart gemacht. Ich habe ganz normal in der Fitnessbranche gearbeitet.“ Schon damals lernte er nach eigenen Angaben eine wichtige Lektion über sich: Das, was ihm im Berufsleben am meisten erfüllt, ist ein Dankeschön, das er von den Leuten zurückbekommt.

+++ Thüringen: Arzt-Drama verschärft sich! „Haben keine Zeit zu verlieren“ +++

Nach seinem Studium lernte er im Raum Stuttgart einen guten Freund kennen, der bereits mehrere Bestattungshäuser führte. „Der hat mich damals einfach gefragt, ob ich mir vorstellen kann, als Bestatter zu arbeiten“, erinnert sich der Thüringer. „Und ich hatte bis dato einfach noch nie einen Berührungspunkt mit dem Bestattungswesen, habe mir dann einfach gesagt als junger Mensch: Komm, probierst du es mal!“

thueringen
Der Thüringer Jeremy Reise machte sich mit seinem Bestattungsunternehmen selbstständig. Foto: Redaktion / Benjamin Ruthardt

Unternehmen sorgt für Neugierige Blicke

Innerhalb weniger Wochen merkte Reise dann, dass der Job einer ist, der ihm Erfüllung schenkt. „Man bekommt so viel Dankbarkeit von den Leuten wieder zurück“, sagt der Unternehmer. Ein Jahr später konnte er sich dann selbst „verbandsgeprüfter Bestatter“ nennen und wagte den Weg in die Selbstständigkeit.

+++ Thüringen: Schreckliche Entdeckung im Mülleimer! Passanten völlig „fassungslos“ +++

Im Raum um Ilmenau sorgte das schon für neugierige Blicke – unter anderem, weil er mit seinem Unternehmen mit alten Klischees brechen will. Nicht der Tod und die Trauer sollen bei ihm im Mittelpunkt stehen, sondern das Leben der verstorbenen gefeiert werden. Auch aus diesem Grund fährt er nicht mit einem schwarzen Leichenwagen durch die Gegend, sondern mit einem Auffällig grünen. Aber das ist nicht der einzige frische Wind, den er mit seinem Unternehmen in die Branche bringen will.

thueringen
Jeremy Reise ist in der Süd-Thüringer Region vor allem wegen seines grünen Leichenwagens bekannt. Foto: Redaktion / Benjamin Ruthardt

„Das Konzept besteht erst einmal darin, dass wir einen komplett anderen Ansatz haben“, erklärt Reise. Das beginnt schon dabei, dass er keine klassischen Trauer-Feiern veranstalten möchte. „Weil ich das paradox immer fand“, so der Bestatter. „Es bestand aus Wort ‚Trauer‘, das erst einmal negativ ist und aus dem Wort ‚feiern‘, was wir mit etwas Positivem verbinden.“ Für ihn passender ist daher der Begriff „Lebensfeier“. „Ich möchte ja das Leben der Verstorbenen, die gemeinsamen Erinnerungen und dass man einfach dankbar ist, dass man mit der Person ein schönes gemeinsames Leben verbringen konnte feiern“, so Reise.

Alternative zum Kondolenz-Buch

Um diese Idee versucht der Ilmenauer Bestatter sein ganzes Konzept aufzubauen. Er versucht die Familie und die Trauernden so weit wie möglich in den Prozess miteinzubeziehen. „Sei es durch klassische Bestattungsrituale, wie die Urne bemalen oder den Sarg bemalen, einen Brief schreiben, eine Kerze anzünden oder auch die Urne selbst zur Grabstätte zu tragen“, so Reise.

Auch bei seiner Dekoration will sich der Bestatter hervorheben – und setzt vor allem auf Natürlichkeit. Auch viele persönliche Elemente von der Familie wolle man mitnehmen. „Das heißt, wenn der Verstorbene ein Fußballspieler war, dass man einen Fußballschuh oder einen Fußball mit in die Dekoration mit einbringt“, so Reise.

Selbst das klassische Kondolenz-Buch will der Ilmenauer neu denken und bietet alternativ auch einen „Kondolenzbaum“ an. Das Besondere daran? „Die Leute bekommen einzelne Holzblättchen und sollen da ihre letzte Botschaft oder ihren Namen draufschreiben und das kleben sie dann an einen vorgegebenen Stamm“, so der Bestatter.

„Dann steht da für jeden ganz individuell so eine Art Erinnerungs- oder auch Lebensbaum, den man sich dann überall in jede Wohnung auch hinhängen kann.“


Mehr News:


Seit Anfang des Jahres ist Reise nun mit seinem Bestattungsunternehmen am Start – und die Resonanz beschreibt er als „sehr positiv“. „Der Beruf erfüllt mich total“, sagt er. „Das ist auch für mich die Energie immer weiter zu machen jeden Tag.“